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Maria Stuart – schriller als Schiller

Theater Wilde Mischung bietet im Kreuzberger Kato eine Begegnung der dritten Art

  • Lesedauer: 2 Min.

Das hatte sich Gerda Brauchenrath schon lange gewünscht: einmal Elisabeth I. von England (1533-1603) mit einem gegrillten Hähnchen bewirten, mal hören, wie vor vierhundert Jahren eine starke Frau die Mannsbilder in Schach gehalten hat. Elisabeth brachte gleich Maria Stuart (1542-1603) mit in Gerdas gute Stube. Erstaunlich, wie Maria

- dieses Dekollete, diese Beine

- die Gemeinheiten von damals weggesteckt hat. So eine Enthauptung ist ja kein Kinder-

spiel. „Schriller als Schiller“ das Theater Wilde Mischung bietet eine Begegnung der dritten Art.

Gerda (Lilly Waiden hat auch das Stück geschrieben) macht die Leute im Handumdrehen warm. Sie kocht mit Mutterwitz. Nebenher, der berühmte Besuch ist noch nicht da, sondert sie allerlei über das 16. Jahrhundert ab. „Wußten Sie, daß Don Carlos um Elisabeth geworben hat?“ Nein! Konfusion im Parkett, aber da kommen sie schon.

Elisabeth (Brigitta Altermann) voran, mit einer Kiepe Pils als honoriges Gastgeschenk. Hernach Maria (Dorothea Gehr), die ruckzuck erst einmal einen Flachmann stemmt. Sie haben sich fein gemacht, Gerda im Leopardenwebpelz von Rudis Resterampe kann nicht mithalten. Reifrock und Perücken, bei Elisabeth quadratisch-praktisch-gut, bei Maria feminin gerundet. Klavier spielen beide zusammen, jeder an seinem Instrument.

Zu erzählen gibt es allerhand. Über Schiller zum Bei-

spiel („dieser kleine Bioschnüffler“), über Gabeln („der geronnene europäische Wille“), über Männer. Aber das bleibt unter uns, um die zerbrechliche Harmonie zwischen den Stuarts und den Tudors nicht zu beschädigen.

Am Ende ein vergnüglicher Brettl-Abend. Nur ein Mißklang: „Hört doch mit der Schmiere auf!“, fordert Elisabeth. Machen sie aber nicht.

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