»Ex-ante« oder »ex-post«?
Streit um kommende Regulierung des deutschen Strom- und Gasmarktes
Energiewirtschaft und Politik streiten um die Mechanismen der zukünftigen Regulierung des Strom- und Gasmarktes. Zwei Modelle stehen zur Wahl. Doch eine abschließende Entscheidung ist noch längst nicht gefallen.
In die Debatte um den Energiemarkt schlichen sich zuletzt unverständliche Wortverbindungen wie »ex-ante« oder »ex-post«. Gemeint sind die Prinzipien der künftigen Regulierung des Strom- und Gasmarktes. Bei »ex-ante« werden die Netzentgelte vorab genehmigt, bei »ex-post« schaut der Regulierer nur bei Missbrauchsverdacht auf die Kalkulationen der Netzbetreiber. Noch ist offen, welches Prinzip eine größere Rolle spielt. Derzeit hat »ex-ante« einen Vorteil.
Nach dem Sommerurlaub wurden Abgeordnete und Ministerialbeamte von den deutschen Energieversorgern kalt überrascht. Diese dachten ernsthaft über eine Steigerung ihrer Strom- und Gaspreise nach. Ungeschickt, schallte es über alle Flure im Regierungsviertel, dass die Konzerne ihre Preissteigerungsgedanken mitten in die Diskussion über die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) streuten. Denn der Gesetzesentwurf war in den vergangenen Monaten nicht nur unter kräftigem Mitwirken der Energiewirtschaftslobby entstanden, sondern sah auch vor, einen möglichen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bei den Strom- und Gasnetzen »ex-post« (lat. »im Nachhinein«) zu kontrollieren.
Wirtschaftsminister zeigte sich verärgert
Bei der für die Unternehmen viel bequemeren Ex-post-Regulierung entscheiden diese selbst, wie viel Geld sie dritten Lieferanten für die Benutzung ihrer Netze abknöpfen. Eine Behörde - hier die kommende Energie-Regulierungsbehörde - kann nur im Nachhinein Korrekturen verlangen. Bei der schärferen Ex-ante-Regulierung (lat. »im Vorhinein«) müssten sich die Netzbetreiber ihre Tarif vorher von der Behörde genehmigen lassen. Diese kontrolliert nicht die Strom- und Gaspreise für den Endverbraucher, sondern nur die Höhe der Transportkosten, die ein Lieferant für die Nutzung »fremder« Strom- und Gasnetze zu zahlen hat. Die Transportkosten machen etwa ein Drittel des Strom- oder Gaspreises aus.
Die Bundesregierung, die sich nach Konzernwunsch zunächst für eine Ex-post-Regulierung im EnWG entschieden hatte, witterte nun mit der angekündigten Preisrunde Undank. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement zeigte sich verärgert. Er verlangt von den Energieunternehmen, die im Kerngeschäft zweistellige Renditen erzielen, einen Preisstopp. Bemühungen, die Preise per Memorandum auf einem Energiegipfel mit Bundeskanzler Gerhard Schröder einzufrieren, scheiterten jedoch.
Front gegen »ex ante« begann zu bröckeln
Auch die Verbraucherschützer regten sich. Renate Künast, Bundesverbraucherschutzministerin, erkannte zu hohe Energiepreise als starke Belastung für Privathaushalte und Binnenkonjunktur. Jeder Verbraucher solle sich von seinem Lieferanten die Preiserhöhung schriftlich begründen lassen, sagte sie. Wie Clement lehnte Künast die Forderungen nach der wirksameren Ex-ante-Regulierung ab.
Dennoch - bis Ende September schaffte es das Wörtchen »ex-ante« bis in die Chefetagen von Wirtschaft und Politik. Auf diese Vorabgenehmigung drängen nun nahezu geeint die Bundesländer. »Der Zugang zu den Netzen muss per Ex-ante-Regulierung erfolgen«, kündigte Wilfried Voigt, Energiestaatssekretär im Wirtschaftsministerium von Schleswig-Holstein, an. Überraschend begann die Front der Versorger gegen »ex ante« zu bröckeln. Die Energie Baden-Württemberg preschte voran und verkündete, eine Vorabgenehmigung der Netznutzungsentgelte zu bevorzugen. Wenig später folgte Marktführer RWE.
Diese Vorabgenehmigung der Entgelte für das Transportnetz sei »grundsätzlich zu befürworten«, griff Uwe Leprich von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken den Trend auf, sofern die tatsächliche Kostenbasis der Netzbetreiber vorab gründlich geprüft werde. Um eine effiziente Ex-ante-Regulierung auf das Verteilnetz zu übertragen, müssten allerdings auch die Berechnungsgrundlagen großer Stadtwerke und Regionalversorger geprüft und die Versorger in Strukturklassen zusammengefasst werden.In die Debatte um den Energiemarkt schlichen sich zuletzt unverständliche Wortverbindungen wie »ex-ante« oder »ex-post«. Gemeint sind die Prinzipien der künftigen Regulierung des Strom- und Gasmarktes. Bei »ex-ante« werden die Netzentgelte vorab genehmigt, bei »ex-post« schaut der Regulierer nur bei Missbrauchsverdacht auf die Kalkulationen der Netzbetreiber. Noch ist offen, welches Prinzip eine größere Rolle spielt. Derzeit hat »ex-ante« einen Vorteil.
Nach dem Sommerurlaub wurden Abgeordnete und Ministerialbeamte von den deutschen Energieversorgern kalt überrascht. Diese dachten ernsthaft über eine Steigerung ihrer Strom- und Gaspreise nach. Ungeschickt, schallte es über alle Flure im Regierungsviertel, dass die Konzerne ihre Preissteigerungsgedanken mitten in die Diskussion über die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) streuten. Denn der Gesetzesentwurf war in den vergangenen Monaten nicht nur unter kräftigem Mitwirken der Energiewirtschaftslobby entstanden, sondern sah auch vor, einen möglichen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bei den Strom- und Gasnetzen »ex-post« (lat. »im Nachhinein«) zu kontrollieren.
Wirtschaftsminister zeigte sich verärgert
Bei der für die Unternehmen viel bequemeren Ex-post-Regulierung entscheiden diese selbst, wie viel Geld sie dritten Lieferanten für die Benutzung ihrer Netze abknöpfen. Eine Behörde - hier die kommende Energie-Regulierungsbehörde - kann nur im Nachhinein Korrekturen verlangen. Bei der schärferen Ex-ante-Regulierung (lat. »im Vorhinein«) müssten sich die Netzbetreiber ihre Tarif vorher von der Behörde genehmigen lassen. Diese kontrolliert nicht die Strom- und Gaspreise für den Endverbraucher, sondern nur die Höhe der Transportkosten, die ein Lieferant für die Nutzung »fremder« Strom- und Gasnetze zu zahlen hat. Die Transportkosten machen etwa ein Drittel des Strom- oder Gaspreises aus.
Die Bundesregierung, die sich nach Konzernwunsch zunächst für eine Ex-post-Regulierung im EnWG entschieden hatte, witterte nun mit der angekündigten Preisrunde Undank. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement zeigte sich verärgert. Er verlangt von den Energieunternehmen, die im Kerngeschäft zweistellige Renditen erzielen, einen Preisstopp. Bemühungen, die Preise per Memorandum auf einem Energiegipfel mit Bundeskanzler Gerhard Schröder einzufrieren, scheiterten jedoch.
Front gegen »ex ante« begann zu bröckeln
Auch die Verbraucherschützer regten sich. Renate Künast, Bundesverbraucherschutzministerin, erkannte zu hohe Energiepreise als starke Belastung für Privathaushalte und Binnenkonjunktur. Jeder Verbraucher solle sich von seinem Lieferanten die Preiserhöhung schriftlich begründen lassen, sagte sie. Wie Clement lehnte Künast die Forderungen nach der wirksameren Ex-ante-Regulierung ab.
Dennoch - bis Ende September schaffte es das Wörtchen »ex-ante« bis in die Chefetagen von Wirtschaft und Politik. Auf diese Vorabgenehmigung drängen nun nahezu geeint die Bundesländer. »Der Zugang zu den Netzen muss per Ex-ante-Regulierung erfolgen«, kündigte Wilfried Voigt, Energiestaatssekretär im Wirtschaftsministerium von Schleswig-Holstein, an. Überraschend begann die Front der Versorger gegen »ex ante« zu bröckeln. Die Energie Baden-Württemberg preschte voran und verkündete, eine Vorabgenehmigung der Netznutzungsentgelte zu bevorzugen. Wenig später folgte Marktführer RWE.
Diese Vorabgenehmigung der Entgelte für das Transportnetz sei »grundsätzlich zu befürworten«, griff Uwe Leprich von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken den Trend auf, sofern die tatsächliche Kostenbasis der Netzbetreiber vorab gründlich geprüft werde. Um eine effiziente Ex-ante-Regulierung auf das Verteilnetz zu übertragen, müssten allerdings auch die Berechnungsgrundlagen großer Stadtwerke und Regionalversorger geprüft und die Versorger in Strukturklassen zusammengefasst werden.
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