Enzymmangel macht die Lunge anfälliger

  • Wolfgang Kappler
  • Lesedauer: 3 Min.
Groß wie ein Tennisplatz ist die Oberfläche der Lunge, damit sie genügend Sauerstoff aufnehmen kann. Gereinigt wird sie durch eine Vielzahl von Mechanismen. Genetische Veränderungen können die Selbstreinigung stören.
Besonders für Raucher ist das Risiko erhöht, an Lungenkrebs oder dem chronischen Atemwegssyndrom COPD zu erkranken, wenn die Reinigungsprozesse ihrer Lunge auf Grund einer erblichen Anlage nicht optimal funktionieren. Experten raten Risiko-Patienten zu einem labormedizinischen Test, mit dem die Menge des Enzyms Alpha-1-Antitrypsin (AAT) bestimmt wird.
Zu den »Lungenreinigungsmitteln« gehören bestimmte Enzyme wie das Trypsin. Seine Aufgabe besteht darin, Eiweiße zu zersetzen, bakterielle Entzündungen durch Einschmelzung des Herdes zu bekämpfen, oder die durch Zigarettenrauch und Luftverschmutzung gestarteten Abwehrprozesse zu unterstützen. Trypsin ist jedoch ein recht scharfer »Reiniger«. Unter Umständen beseitigt er nicht nur Schmutz, sondern greift auch die Oberfläche an. Glücklicherweise besitzt der menschliche Körper mit dem Enzym AAT einen natürlichen Neutralisator, der Trypsin gezielt abbauen kann und so schädigende Prozesse verhindert.



COPD
||COPD (chronic obstructive pulmonary disease) ist eine chronische Lungenkrankheit mit Atemnot und quälendem Husten. Die Verengung der Bronchien wird durch eine Verkrampfung der ringförmig angeordneten Muskelschicht, durch ein Anschwellen der Schleimhaut und durch krankhaft erhöhte Schleimproduktion verursacht. Auslöser sind Rauchen, wiederholte Atemwegsinfekte, Allergien, geringes Geburtsgewicht, Mangelernährung, schlechte Wohnverhältnisse, Erb- und Klimafaktoren. In Deutschland geht man von bis zu fünf Millionen Betroffenen aus.




»Allerdings liegt AAT in der Bevölkerung in vielen unterschiedlichen Varianten vor, von denen einige nur sehr schwach wirken«, erklärt der Humangenetiker Prof. Klaus Zang (Homburg). Allerdings wird es bei manchen Menschen auf Grund einer Erbkrankheit auch von vornherein in zu geringen Mengen gebildet. Fast alle Raucher mit einem AAT-Mangel entwickeln zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr eine obstruktive (verengende) Atemwegserkrankung. Ihre Lebenserwartung verringert sich um bis zu 20 Jahre.
Zwar entwickelten auch Nicht-Raucher mit einem AAT-Mangel Lungenerkrankungen. Dies sei allerdings später als bei Rauchern der Fall und zudem hätten sie meist eine nahezu normale Lebenserwartung. Vor diesem Hintergrund erachten Fachleute es als sinnvoll, zum Beispiel zwischen einem AAT-Emphysem und dem Raucher-Emphysem zu unterscheiden. Das Krankheitsrisiko von Rauchern steigt also nicht nur mit der Zigarettenmenge, es ist auch von einem vorhandenen AAT-Mangel abhängig. Dies würde auch erklären, warum nicht jeder Raucher zwangsläufig an einer mit Schleimbildung, Husten und Atemnot einhergehenden COPD erkrankt. Experten empfehlen Risiko-Patienten, sich auf auf einen AAT-Mangel untersuchen lassen.
Risikopatienten sind Menschen, die bereits vor dem 50. Lebensjahr an einer COPD leiden, solche aus Familien mit gehäufter COPD, erstgradige Verwandte von Personen mit bereits nachgewiesenem AAT-Mangel sowie Asthmatiker. Bei ihnen kann mit einem AAT-Präparat die Lungenfunktion verbessert und die Sterblichkeit günstig verringert werden. Lungenärzte raten Menschen mit AAT-Mangel dennoch, mit dem Rauchen Schluss zu machen.

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