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^Dann pennen wir später eben unter der Brücke

PRENZLAUER BERG: Frust an Kurt-Schwitters-Schule: Musische Bildung frißt der Amtsschimmel

  • Lesedauer: 3 Min.

15 Jungen und Mädchen stehen auf dem Schulhof der Kurt-Schwitters-Gesamtschule Prenzlauer Berg herum. Eigentlich würde jetzt ihre Musikstunde beginnen. Aber seit dem 21. April fällt diese Stunde ersatzlos aus.

Ihrem Musiklehrer Detlef Teich wurde der Zeitvertrag acht Wochen vor Ende des Schuljahres gekündigt. Den 7. und 8. Klassen der kunstorientierten Schule wird keine musische Bildung zuteil. Martin Maas, Schüler der 8/12, nimmt es gelassen. „Da muß ich eben in Mathe mehr machen, damit ich für das Abitur die entsprechenden Punkte bekomme, weil Musik ja nun wegfällt. Mich ärgert nur, daß

ausgerechnet Musik wegfällt, weil ich da ganz gut war - wegen der Punkte.“

Nicht alle Schüler sehen das so. Mancher ist ganz froh, das ungeliebte Fach nicht mehr absitzen zu müssen. Für einige könnte die Schule auch ganz abgeschafft werden. Ihren Frust brüllen sie über den Schulhof: „Dann pennen wir später eben unter der Brükke.“

Der Musikunterricht stand an der Kurt-Schwitters-Oberschule noch nie unter einem günstigen Stern, was weniger daran gelegen hat, daß Schwitters höchstens beim Malen seiner Bilder mal ein Liedchen geträllert hat. Vielmehr verhin-

derte seit 1993 die Erkrankung einer Lehrerin einen durchgehenden Musikunterricht. Der planvolle Einsatz neuer Lehrer durch die zentrale Verteilerstelle „Landesschulamt“ hatte lange die Einstellung eines zusätzlichen Musiklehrers als Ersatz verhindert. Angeblich hatte die Schule nach einem Schlüssel, nach dem Schüler und Lehrer zueinander ins Verhältnis gesetzt werden, einen Überhang an Lehrkräften. Absurd, meinten Schulleitung und Elternvertreter angesichts gleichbleibender Schülerzahlen und zunehmender Ausfallstunden.

„Es sollten bei Beginn des neuen Schuljahres im August 1995 neun Lehrer eingespart

werden“, berichtet Ralf Klein, Elternvertreter an der Gesamtschule. „Die Schüler sind damals auf die Barrikaden gegangen, haben sogar gestreikt.“ Eine Aussprache beim Landesschulamt konnte einen weiteren Lehrerabbau verhindern. Außerdem wurde Detlef Teich mit einem Zeitvertrag bis Ende des Schuljahres für die erkrankte Kollegin eingestellt.

Vorher ritt aber noch einmal der Amtsschimmel durchs Berliner Landesschulamt. Detlef Teich berichtet: „Ich kam vier Wochen nach Beginn des Schuljahres an die Schule. Und ich war nicht der einzige. Insgesamt mußten die Stundenpläne viermal umgebaut werden, weil immer wieder noch

ein neuer Kollege als Ersatz für einen anderen dazukam.“

Inzwischen haben die Berliner Finanzlage und das Landesschulamt die musische Ausbildung von zwei Klassenstufen der kunstorientierten Kurt-Schwitters-Gesamtschule ein weiteres Mal zum Erliegen gebracht. Am 21. April kam die Lehrerin aus dem Schwangerschaftsurlaub. Für Detlef Teich gab es keine Planstelle.

Gestern hat der Senat beschlossen, 400 freie Lehrerstellen mit „Fristverträglern“ zu besetzen - für 1300 Lehrer mit Zeitvertrag. Eine Chance auch für Detlef Teich und seine Schüler?

ANNETTE KAMPFER

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