Jena tauscht Ärzte mit Malawi

Verein »Hospital-Projekt« unterstützt Gesundheitssektor in Zomba

  • Damiano Valgolio
  • Lesedauer: ca. 4.0 Min.

Olaf Bach war der erste. Der Jenaer Arzt ging 1995 nach Malawi. Dort arbeitete er am Krankenhaus in der Stadt Zomba. Zu seiner Unterstützung wurde in seiner Heimatstadt 1996 der Verein »Zomba-Hospital-Projekt« gegründet.


Die schwarze Haut der beiden Mediziner hebt sich kräftig von den blütenweißen Kitteln ab. Noch heller als ihre Kleidung leuchten die Zähne von Kenneth Matumba und Frank Nkohma. Die Männer aus Malawi, dem Land im Südosten Afrikas, lächeln. »Mit dem, was wir hier lernen, werden wir auch zu Hause ganz anders arbeiten können.« Seit Anfang September hospitieren die beiden »Clinical Officer« an der Uni-Klinik von Jena. Ende Oktober werden sie an das Krankenhaus von Zomba, der drittgrößten Stadt Malawis, zurückkehren. Dort warten schwere Aufgaben. Das Krankenhaus von Zomba muss mit seinen knapp 330 Betten ein Einzugsgebiet mit rund 400 000 Menschen versorgen.
Schon mehr als 30 Kollegen von Matumba und Nkohma haben in den vergangenen Jahren für einige Monate an dem Krankenhaus der thüringischen Stadt gearbeitet. Organisiert und bezahlt werden die Gastaufenthalte von dem Verein »Zomba Hospital Project«, in dem sich rund 60 Ärzte und andere Unterstützer aus Jena zusammengeschlossen haben.
Gabi Seidel ist für die Finanzen des Zomba-Hospital-Vereins zuständig. »Wir wollen den direkten Austausch zwischen den Medizinern. So können wir am besten und unbürokratischsten helfen«, sagt die Betriebsärztin der Klinik in Jena. Sie selbst war 2002 für sechs Wochen in Malawi. Gerade haben Dr.Seidel und ihre Mitstreiter ein logistisches Großprojekt bewältigt. Am 8.Oktober wurde auf dem Hof ihres Krankenhauses ein ganzer Container mit medizinischem Gerät zusammengestellt. Die Hilfslieferung wird die nächsten drei Monate auf Lkw und Schiffen verbringen, bevor sie in Zomba ausgepackt werden kann.
Mit Material und Geld aus Jena wurden in dem Krankenhaus der Stadt bereits eine Endoskopie-Einheit, eine Wachstation für Frischoperierte und einen hygienischer Sonderbereich für Verbrennungsopfer eingerichtet. Diesmal wurden vor allem Ultraschallausrüstung und Rollstühle auf den langen Weg geschickt. Ein Großteil der Gerätschaften ist gebraucht und stammt aus deutschen Krankenhäusern. Aber: »Wir schicken nur, was bestellt wird«, erklärt Gabi Seidel, »wichtig ist die eigenständige Entwicklung der malawischen Klinik.« Finanziell unterstützt wird die Solidaritätsarbeit von der Stiftung »Nord-Süd-Brücken« und einigen Kirchengemeinden in Thüringen.
Dennoch bleibt die wichtigste Hilfe für die Afrikaner die Arbeit der europäischen Kollegen, die selbst nach Zomba gehen. Den Anfang machte 1995 der Jenaer Arzt Olaf Bach. Er war für drei Jahre Chef der chirurgischen Abteilung des afrikanischen Krankenhauses. Im vergangenen Jahr wurde er für sein Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Um Dr.Bach zu unterstützen, bildete sich in seiner Heimatstadt 1996 der »Hospital-Projekt«-Verein. Das Grundgehalt der deutschen Doktoren zahlt das Zentrum für internationale Migration (ZIM).
Inzwischen ist bereits der dritte Mediziner der Uni-Klinik Jena in Zomba im Einsatz. Seit Juni 2003 arbeitet der Chirurg Henning Mothes in der malawischen Stadt. Auch seine Frau und seine beiden Kinder sind dem 38-Jährigen in das afrikanische Land gefolgt. »Es ist schön zu sehen, wie hier etwas aufgebaut wird«, lässt er per E-Mail wissen. Sein Vorgänger, Dr.Peter Hellmold, ist mit seiner Arbeit in Zomba zwischen 2000 und 2003 ebenfalls zufrieden. Dagegen kritisiert er die staatliche deutsche Entwicklungshilfe: »Die Herren mit Schlips und Aktenkoffer ziehen sich immer mehr aus der direkten Kooperation mit den Menschen vor Ort zurück.« Denen sei es am liebsten, einfach nur Geld an das zuständige Ministerium in einem afrikanischen Land zu überweisen. Umso wichtiger sei das unmittelbare Engagement des Vereins aus Jena, so Hellmold. »Die Hilfe vor Ort verhindert Korruption und fördert den fachlichen und kulturellen Austausch.«
Malawi bedeutet übersetzt »See, in dem sich die Sonne wie Feuer spiegelt«. Die Bezeichnung verdankt das Land dem riesigen gleichnamigen Gewässer an seiner Ostgrenze. Weniger malerisch ist allerdings die Realität in dem Staat. Von den rund 13 Millionen Einwohnern können nur 40 Prozent lesen und schreiben. In den ländlichen Gegenden sind zehn Prozent der erwachsenen Bevölkerung HIV-positiv, in den Städten bis zu 30. Unter den Patienten des Krankenhauses von Zomba sind zwei von dreien infiziert. »Es fehlt an Personal, an Geld und an Medikamenten«, sagt Frank Nkohma, der Anästhesie-Chef, der derzeit in Jena weitergebildet wird. Bei einer Auslastung von 180 Prozent teilen sich in der Regel zwei Patienten in der staatlichen Einrichtung ein Bett.
Als »Clinical Officer« hat der 40-jährige Nkohma eine Qualifikation, die zwischen der eines Arztes und der eines Pflegers liegt. Studierte Mediziner gibt es in Malawi so gut wie keine. Und wenn, arbeiten sie in privaten Einrichtungen. Selbst von den Kollegen, die in Jena hospitiert haben, sind inzwischen einige zu Privatkliniken gewechselt. Verdenken kann ihnen das kaum jemand, immerhin reicht der Lohn in den öffentlichen Krankenhäusern kaum, eine Familie zu ernähren. Umso bewundernswerter sind die malawischen Mediziner, die weiter in den öffentlichen Einrichtungen ihr möglichstes tun. Wie ein junger Mediziner, der vor zwei Jahren in Jena die neue 4WD-Methode gelernt hat, die bei der Behandlung von AIDS-Kranken angewandt wird. Noch fehlen im Krankenhaus von Zomba die Geräte, damit er wirklich effektiv arbeiten kann. Aber für den nächsten Container aus Jena stehen die ganz oben auf der Liste.

Spenden an: Zomba-Hospital-Projekt e.V., Konto-Nummer: 80250, Sparkasse Jena, BLZ: 830 530 30


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