Doch keine »technische Fraktion« am Rhein

Ex-PDS-Kreistagsabgeordneter verlässt nach heftigen Protesten Bündnis mit Rechtsextremisten

  • Jochen Bülow, Köln
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Der für die PDS in den Kreistag Rhein-Sieg (Nordrhein-Westfalen) gewählte Uwe-Bernd Griesert hat die Pläne für eine »technische Zusammenarbeit« mit rechtsextremen Abgeordneten aufgegeben. Griesert will nun als Einzelabgeordneter und unabhängig sein Mandat wahrnehmen - oder es vielleicht doch niederlegen.

Über 4200 Wähler hatten im Rhein-Sieg-Kreis bei der nordrhein-westfälischen Kommunalwahl Ende September der PDS und damit ihrem Kandidaten Uwe-Bernd Griesert ihre Stimme gegeben. Bekommen hätten sie beinahe eine »Technische Fraktion« Grieserts mit der NPD und dem rechtsextremen »Bündnis für Deutschland« (BfD). Der Hintergrund: Weil Einzelabgeordnete weniger Rechte haben und weniger Steuergelder für ihre politische Arbeit bekommen, wollten die drei Abgeordneten die Vorzüge einer Fraktion in Anspruch nehmen - u.a. rund 80000 Euro. Bundesweit hatte der Versuch einer rot-braunen Fraktionsgemeinschaft für erhebliches Aufsehen gesorgt. PDS-Ratsmitglieder und -Abgeordnete aus der ganzen Republik erkundigten sich beim nordrhein-westfälischen Landesvorstand nach Hintergrundinformationen, weil sie von den politischen Gegnern genüsslich auf die »Extremistenkoalition« angesprochen wurden. Das Echo auch aus der Bundespartei kam schnell und war einhellig. »Unerträglich, entsetzlich« - so lauteten die zitierfähigen Bewertungen. Postwendend kam die Frage auf, wie ein PDS-Kandidat derart umfallen konnte - zumal, wenn er seit fünf Jahren im Umfeld der PDS tätig war und zeitweilig sogar im Kreisvorstand saß. Ursachenforschung im PDS-Kreisverband Rhein-Sieg: »Man kann Menschen immer nur vor den Kopf blicken, nicht hinein«, schreibt die Mitgliederversammlung in einer öffentlichen Mitteilung mit selbstkritischen Untertönen. »Wir entschuldigen uns bei unseren Wählerinnen und Wählern für diese Entwicklung. Wir haben diese nicht vorausgesehen, aber wir haben sie zu verantworten.« Mittels Unterschriftensammlung und dem Gespräch mit den Wählern solle nun versucht werden, »den entstandenen Schaden einigermaßen wieder gut zu machen«. Noch während die PDS nach einer Antwort auf Grieserts Verhalten suchte, erklärte dieser gegenüber ND, dass er »wegen telefonischer und schriftlicher Morddrohungen« von der geplanten Fraktion Abstand genommen habe und »dieses Spiel« nun beenden wolle. Schon vorher war er aus der Partei ausgetreten und damit einem angedrohten Ausschlussverfahren zuvorgekommen. Wegen der Morddrohungen hat Griesert mittlerweile Polizeischutz erhalten, der Staatsschutz wurde in die Ermittlungen eingeschaltet. Nach Informationen der PDS Rhein-Sieg hat das nunmehr ehemalige Parteimitglied in einer E-Mail die PDS mittelbar für die Morddrohungen verantwortlich gemacht - Jens Bens vom Kreisvorstand wies diese Unterstellung auf ND-Anfrage empört zurück. Gleichzeitig forderten er und der Kreisvorstand Griesert auf, sein Mandat zurückzugeben, »damit ein PDS-Mitglied an seine Stelle treten kann, das die Interessen der Partei und ihrer Wähler vertritt«. Ob es dazu kommt, war zunächst nicht klar. Griesert denke darüber nach, hieß es. Helmut Fleck, der lokale Vorsitzende des rechtsextremen »Bündnis für Deutschland«, dessen Mandatsträger ebenfalls an der »technischen Fraktion« teilnehmen wollte, sieht die ganze Angelegenheit gelassen. Gegenüber ND sagte er, dass man »aus der Angelegenheit ein bisschen die Luft rauslassen« wolle. »Zwischen uns und Herrn Griesert«, so Fleck weiter, »gibt es kein Zerwürfnis.« Vielmehr wolle man in »vollem Einvernehmen weiter vertrauensvoll zusammenarbeiten«, müsse aber »auf die persönliche Bedrohung von Herrn Griesert und seinen Angehörigen Rücksicht nehmen«. Griesert selbst hat womöglich auch nichts gegen weitere Kontakte zu NPD und BfD. In einer kurzen, mit »extrem demokratischen Grüßen« unterschriebenen E-Mail an die Medien erklärt er jedenfalls mit Hinweis auf die Morddrohungen, dies sei ihm...

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