Bei eBay fehlt der Hammer

BGH gesteht Verbrauchern Widerrufsrecht bei Internet-Auktionen zu

  • Michaela von der Heydt
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat Verbrauchern bei Internet-Auktionen den Rücken gestärkt.

Nach einem gestern verkündeten BGH-Urteil haben Kunden bei Versteigerungen des Internetauktionshauses eBay bei bestimmten Vertragsgestaltungen ein Widerrufsrecht. Danach können Käufer ersteigerte Artikel binnen 14 Tagen ohne Begründung zurückgeben, wenn diese von einem gewerblichen Anbieter stammen. Geschäfte zwischen gelegentlichen eBay-Nutzern sind davon nicht betroffen. Rechtlich ungeklärt bleibt die Frage, wie mit semi-professionellen Anbietern umzugehen ist. Die Unterscheidung zwischen gewerblichen und privaten Anbietern sieht der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) als problematisch an. »Wir beobachten schon seit längerem, wie gewerbliche Händler versuchen, sich als Privatverkäufer darzustellen, um wichtige Verbraucherschutzrechte auszuhebeln - etwa die Gewährleistungspflicht und das Widerrufsrecht, sagte Patrick von Braunmühl, Fachbereichsleiter für Wirtschaftsfragen. Nach Ansicht des vzbv müsse der Verkäufer nachweisen, nicht gewerblich zu handeln. Das sei aber höchstrichterlich noch nicht entschieden. Deshalb rechnen die Verbraucherverbände mit zahlreichen Gerichtsverfahren. Der vzbv könne Prozesse führen, wenn beispielsweise ein Käufer nach seinem Widerruf sein Geld nicht zurückerhält und diese Forderung formal abtritt. Wer auf einer Internet-Auktionsplattform erkennen möchte, ob der Anbieter ein Unternehmer ist, kann auf gewisse Indizien achten: Werden beispielsweise besonders viele verschiedene Waren oder Artikel einer Sorte angeboten, gehört der Verkäufer wohl ebenso zu den gewerblichen Akteuren wie die »Power-Seller«, die rund ein Drittel der eBay-Angebote ausmachen, sagt von Braunmühl. Doch herausfinden muss das der Verbraucher selbst, betonte Wolfgang Krüger, Richter und BGH-Sprecher auf ND-Anfrage. Das Gesetz böte hier keine Hilfe. Ausschlaggebend für das trotzdem eher verbraucherfreundliche BGH-Urteil war, dass eBay - juristisch gesehen - kein Auktionshaus im herkömmlichen Sinne ist. Dort wird vom Auktionator mit dem Ausspruch »... zum Dritten« und mit nachfolgendem Hammerschlag der Vertrag geschlossen. Dann ist ein Rücktritt ausgeschlossen, egal, ob der Bieter anwesend ist oder per Telefon geboten hat, erklärte BGH-Sprecher Krüger. Bei Online-Versteigerungen hingegen wird der Vertrag dadurch geschlossen, dass der Verkäufer bis zu einem gesetzten Zeitpunkt automatisch das höchste Angebot akzeptiere. Das ist, so Krüger »ein normaler Vertrag von Angebot und Annahme«. Wer per Internet, Mail oder Telefon bei einem Unternehmer einkauft, schließt einen »Fernabsatzvertrag«, der auch bisher innerhalb einer bestimmten Frist rückgängig gemacht werden konnte. Sinn der Regelung sei der Schutz des Verbrauchers, der auch bei eBay-Auktionen den ersteigerten Artikel erstmals nach Zusendung zu Gesicht bekomme, sagte Katharina Deppert, Vorsitzende des VIII. Zivilsenats, bei der Urteilsverkündung in Karlsruhe. (Aktenzeichen: VIII ZR 375/03 vom 3. November 2004) In dem verhandelten Fall hatte ein Schmuckhändler bei eBay ein Armband ab einem Euro zur Versteigerung angeboten, das aus 15-karätigem Gold bestand und mit wertvollen Edelsteinen besetzt sein sollte. Der Käufer ersteigerte das Stück für 251,51 Euro, verweigerte aber die Zahlung, weil das Armband nur eine dünne Goldauflage hatte und die Diamanten aus industrieller Fertigung stammten. Folge des Urteils ist ein mindestens 14-tägiges Recht zum Widerruf auch für einwandfreie Artikel. Die Frist verlängert sich auf einen Monat, wenn der Verkäufer den Kunden erst nach Vertragsabschluss über seine Rechte belehrt. Unterbleibt eine schriftliche Belehrung ganz, kann laut Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zeitlich unbeschränkt widerrufen werden. Bei eBay, das laut Firmenangaben rund 16 Millionen Menschen in Deutschland nutzen, stieß das Urteil auf Zustimmung. Die Entscheidung bereite der bisherigen Rechtsunsicherheit ein Ende und werde keinen nachhaltigen Einfluss auf die Geschäftsentwicklung haben, zumal bei gewerblichen Anbietern schon jetzt Widerrufsrechte bestünden,...

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