Die Jagdsteuer wird abgeschossen

Abschaffung steht im Koalitionsvertrag / Außer in den Landkreisen sind alle Beteiligten dafür

  • Bernd Baumann
  • Lesedauer: 3 Min.
Etwa 13000 Vokabeln umfasst das Kauderwelsch der Weidmänner, das zu den ältesten Fachsprachen überhaupt gehört. Den Begriff »Jagdsteuer« können zumindest die etwa 12000 Jäger in Brandenburg offenbar schon bald aus ihrem Gedächtnis streichen. Nach einem sich über Jahre hinziehenden und sehr heftigen Streit will die SPD/ CDU-Regierung die Steuer nun abschaffen. So steht es in der Koalitionsvereinbarung. Allerdings muss darüber noch das Parlament abstimmen. Notwendig ist die Änderung des Kommunalen Abgabengesetzes. Danach können die Landkreise die Steuer erheben, sie müssen es aber nicht. Schon viel eher wollten CDU und PDS die Abschaffung der Jagdsteuer, aber die SPD wehrte sich vehement dagegen. Der hohe Verwaltungsaufwand für die Abgabe stehe in keinem Verhältnis zu den Einnahmen, erklärt PDS-Fraktionschefin Dagmar Enkelmann. Ihre Partei regte mehrfach die Streichung der Steuer an. »Doch unsere Anträge im Landtag wurden jeweils von SPD und CDU abgeschmettert.« »Die Jagdsteuer ist völlig antiquiert und stammt noch aus der Zeit des Feudalismus«, moniert Bernd Möller, Geschäftsführer des Landesjagdverbandes. Brandenburg folge jetzt lediglich dem guten Beispiel der anderen ostdeutschen Bundesländer. Die Jagdsteuer werde in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt nicht erhoben. Auch Mecklenburg-Vorpommern habe die Weichen für die Abschaffung bereits gestellt. Nach Protesten der Jäger verzichteten bereits die Landkreise Potsdam-Mittelmark, Barnim, Märkisch-Oderland sowie Spree-Neiße darauf, das Geld einzutreiben. »Mit den Einnahmen kann die Finanznot der Kommunen nicht überwunden werden«, betont Möller. Im Gegenteil: »Auf die Kreise kommen zusätzliche Kosten zu.« In den Landkreisen ohne Jagdsteuer werde das Unfallwild auf den Straßen schnell und unbürokratisch durch die Weidmänner beräumt. »Das ist richtig Arbeit, die vielfach auch in der Nacht erledigt werden muss.« Anderswo sei das nicht der Fall. Dann müssen die Kreisverwaltungen die Beräumung auf eigene Rechnung übernehmen. Die Jagdsteuer beträgt 15 Prozent. Wer einen kapitalen Hirsch erlegt, muss 150 Euro hinblättern. Laut Möller trifft das besonders Arbeitslose oder Rentner, die sich ihr Hobby vielfach nicht mehr leisten können. »Die Jagd ist schließlich kein Luxusvergnügen, sondern aktive Waldpflege«, meinte der frühere Agrarminister Wolfgang Birthler (SPD) während seiner Amtszeit immer wieder. Der Landkreistag wehrt sich aber. Die Jagdsteuer bringe jährlich bis zu 400000 Euro in die Kassen, so Geschäftsführer Paul-Peter Humpert. Dieses Geld sei unverzichtbar. Der Kreis Oberhavel mit seinen waldreichen Gebieten rechnet für 2004 mit 68000 Euro Einnahmen aus der Steuer. »Die gleiche Summe haben wir auch für den Haushalt 2005 eingeplant«, erläutert Sprecherin Patricia Schuster. »Wir sind gegen eine Streichung.« Wenn das Land großzügig Geschenke auf dem Rücken Dritter verteile, müsse es für Kompensation sorgen.
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