Ansprüche Vertriebener an Polen rechtlich nirgendwo durchsetzbar
Völkerrechtliches Gutachten im Auftrag beider Regierungen vorgestellt
Der Versuch, Ansprüche aus Deutschland gegen Polen im Zusammenhang mit Vertreibung und Enteignung im Gefolge des Zweiten Weltkriegs vor polnischen, deutschen, US- oder internationalen Gerichten durchzusetzen, ist aussichtslos. Zu diesem Ergebnis kommt ein von den Regierungen der BRD und Polens in Auftrag gegebenes Gutachten.
Berlin (ND-Dümde). Die Volkerrechtsprofessoren Jan Barcz, Warschau, und Jürgen A. Frowein, Heidelberg, sehen keinerlei Rechtsgrundlagen sowohl für staatliche als auch für individuelle deutsche Ansprüche gegenüber Polen auf Restitution und Entschädigung für entschädigungslose Enteignungen in den früher zu Deutschland gehörenden Gebieten, die 1945 und unmittelbar danach erfolgten. Wie sie gestern vor der Presse in Berlin erläuterten, ist die Erklärung Bundeskanzler Gerhard Schröders vom 1. August 2004, dass es keinen Raum mehr für Rechtsansprüche aus Deutschland geben dürfe, die die Geschichte auf den Kopf stellen, »ein völkerrechtlich bindender einseitiger Akt der Bundesrepublik Deutschland«. Sie sei für den deutschen Staat abgegeben worden und bleibe deshalb auch verbindlich, fügte Barcz hinzu. In der Sache habe sich dadurch an den Rechtspositionen nichts verändert, sagte Frowein unter Verweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 5. Juni 1992 zum deutsch-polnischen Grenzvertrag. In dem 40-seitigen Gutachten wird die erhebliche rechtliche Bedeutung des 2+4-Vertrags hervorgehoben. Da damit jegliche Ansprüche auf Reparationen an Deutschland erledigt wurden, sei es »rechtlich beinahe zwingend«, dass auch Deutschland keine Ansprüche mehr auf Entschädigung erheben kann, sagte Frowein. Er betonte, dass sowohl nach polnischem als auch nach deutschem Recht bei richtiger Analyse des BVerfG-Urteils auch keine Individualansprüche bestehen. Sie vorm Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geltend machen zu wollen, sei aussichtslos, da die Europäische Menschenrechtskonvention erst nach den fraglichen Enteignungen in Kraft getreten ist. Frowein teilte mit, dass er mit einem Gutachten zu denkbaren Entschädigungsansprüchen gegen die Bundesrepublik beauftragt wurde. Fragen, die sich aus den Folgen der Emigration polnischer Staatsbürger deutscher oder auch jüdischer Herkunft in den 50er bis 80er Jahren ergeben, bei der Immobilien vom polnischen Staat übernommen wurden, müssten von polnischen Gerichten geklärt werden. Gleiches gelte für frühere Enteignungen von polnischen Bürgern deutscher Herku...Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
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