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Koalition plant Zukunft ä la 19. Jahrhundert

| Krankenkassenreform »Eckpunkte« zur 3. Stufe bedeuten neue Dimension des Sozialrückschritts

  • Lesedauer: 2 Min.

Von Dr. med. Helga Lemme, Leipzig

In diesen Tagen ereilt uns eine Hiobsbotschaft nach der anderen über die Einschränkung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), über einen Verteilungskampf zwischen Ärzten und Kassen usw. Kaum bekannt ist aber, daß ein detailliertes Papier der Koalition vorliegt, das nichts anderes zum Ziel hat als die gesetzliche Krankenversicherung zu zerschlagen.

Was beinhalten diese »Eckpunkte der Koalition zur Fortführung der 3. Stufe der Gesundheitsreform«!, die im September veröffentlicht wurden? Nachdem die Politik dafür gesorgt hat, daß die Krankenkassen enorme Ausfälle von Einnahmen, z. B. durch die Massenarbeitslosigkeit, durch niedrige Tarifabschlüsse, verkraften und zudem mit ihren Geldern Löcher anderer Sozialkassen stopfen müssen, schiebt sie jetzt ihnen allein die Schuld an dem Milliardendefizit (7,3 Mrd. DM) in die Schuhe. Die Koalition in Person von Minister Seehofer sieht angesichts der - von ihr selbst verschuldeten - »defizitären Finanzen ... der GKV dringenden Handlungsbedarf«.

Der sogenannte Arbeitgeberanteil an den Beiträgen, der auf die Gesamtkosten bezogen schon lange keine 50 Prozent mehr ausmacht, dürfe nicht weiter steigen, weil, und das wissen inzwischen alle und glauben es vielleicht auch, steigende Lohnnebenkosten den Standort Deutschland gefährden. Deshalb soll nun der Versicherte allein die Zeche bezahlen. Zynisch wird es in den »Eckpunkten« so formuliert: »Die Koalition hält gleichwohl an ihrem Reformkonzept fest, um die Leistungsfähigkeit der sozialen Krankenversicherung durch Stärkung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung zu sichern.«

Wie soll das konkret gemacht werden?

1. Durch eine »Ausweitung der Versichertenrechte«. Die Versicherten sollen in Zukunft wählen können, ob sie ihre Rechnung für Untersuchung und Behandlung sofort beim Arzt, Medikamentenkosten sofort in der Apotheke, Massagen sofort beim Physiotherapeuten cash bezahlen und sich dann das Geld (ohne den Eigenanteil selbstverständlich) von der Kasse zurückholen, oder ob sie die Bezahlung durch die Kassen an die Leistungserbringer beibehalten wollen. Das nennt sich Wahl zwischen Kostenerstattung und Sachleistung. Die Kostenerstattung soll mehr Transparenz in die Abrechnung der Leistungserbringer (besonders der Ärzte) bringen und zu hohe Abrechnungskosten verhindern. Falls eine Krankenkasse die Beiträge erhöht, hat jedes Mitglied das Recht, innerhalb von vier Wochen in eine »billigere« Kasse zu wechseln. Und die Härtefallregelung soll deutlich verbessert werden.

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