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  • Politik
  • »Eva - Hitlers Geliebte« Uraufführung im Berliner Ensemble

Des Teufels Braut

  • Gerhard Ebert
  • Lesedauer: 4 Min.

Eva Braun, Hitlers heimliches Betthäschen, ich muß es gestehen, interessiert mich herzlich wenig. Das hat sich auch nicht geändert, nachdem das Theater am Schiffbauerdamm mit Stefan Kolditz' Bühnen-Monolog »Eva -Hitlers Geliebte« für die Lady ein »back in town« in Berlin organisiert hat und uns einreden will, »die erotischen Geheimnisse des Dritten Reiches« seien von erheblicher sozialer Relevanz.

Gewiß, seitdem ich heim in den »deutschen Volkskörper« durfte, spüre ich, daß es zum guten Ton gehört, über die Größen des »Hitler-Jahrtausends« auf dem laufenden zu sein. Noch jüngst war im Fernsehen zu beschauen, wie ehemalige Mitarbeiter der Reichskanzlei vom aufopferungsvollen Dienst für den Führer plauderten. Als damals auf den Straßen Berlins das letzte Aufgebot an Pimpfen und Landsern verheizt wurde, sorgten jene Leute in sicherem Bunker fürs Überleben. Was ja denn auch eine gute Rente einbrachte. Obwohl ich also durchaus sehe, welchen Marktwert hierzulande das Hätscheln von Nazis hat, sträube ich mich, am Spiele teilzunehmen.

Ich halte mich an Dichtern wie Bertolt Brecht fest. Der hat zwar Hitler als Dramen-Held installiert, aber verdammend mit einer Politfarce, mit »Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui«. In »Germania 3« gab auch Heiner Müller dem Diktator

Raum, doch in einer desavouierenden Szene. Brecht, Müller oder welcher realistische Dramatiker auch immer, reänimieren nicht faschistische Ideologie, sondern wecken Widerstand dagegen. Dies - meine ich - ist die einzige Legitimation, auf der Bühne Personen nazistischer Provenienz zu erinnern, die wohlverdienter Vergessenheit eigentlich nicht entrissen werden sollten.

Was »Tatort«-Krimiautor Kolditz bewogen hat, Eva Hitler für die Bühne ins Bild zu setzen, ist fragwürdig. Statt sie zu verurteilen, verklärt er sie. Schließlich ist bekannt, daß sie in letzter Stunde treu zu ihrem »Wolf« stand, Das Mädchen aus dem Volke, reizvoll naiv »als Mensch«, war an Hitlers Seite eine so eiskalte Faschistin geworden, daß es ihr beispielsweise nicht weh getan hätte, wären ihre Eltern ins KZ gekommen. Autor Kolditz spricht das zwar an, aber er sorgt nicht für Distanz. Im Gegenteil. Am Schluß billigt er der Figur sogar eine Hommage zu. Von warmem Licht freundlich umspielt singt sie zart-rührselig: »Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehn. «

Spielleiter Stephan Suschke, zeigte sich, war nicht der Mann, den fatalen Text kritisch zu werten. Schon der Auftakt, den er arrangiert, zeugt von ästhetischer Unbedarftheit. Suschke zeigt Original-Filmaufnahmen der Eva Braun, vom Obersalzberg und von heiterer Unbekümmertheit beim Hausherrn, und spielt dazu Siegfrieds »Trauermarsch« von Wagner ein! Frau Hitler eine tragische Heldin? Was jetzt kommt, denkt

man, kann nur eine bitterböse Farce sein. Irrtum! Kolditz wie Suschke glauben an ihre Heldin. Sie führen die Frau des Völkermörders als erste Widerstandskämpferin des Dritten Reiches vor und als deutsches Mädel, das ach so gern in Hollywood Filme gemacht hätte. Allein gelassen in ihrer Hochzeitsnacht - 35 Stufen tief im Bunker der Reichskanzlei - resümiert die Braun ihr sechzehnjähriges Warten auf die »Ehe mit dem größten Mann der Welt«. Wobei sie aus einem Koffer Kleider holt und nacheinander ansieht, mit denen sie in der Öffentlichkeit aufgetreten war, etwa in der Kroll-Oper, als Hitler seinen Krieg erklärte. Dann mampft sie, einsam wie sie ist, einen halben Kuchen hinunter Was als szenischer Höhepunkt gedacht ist.

Solch künstlerischer Armseligkeit ist selbst eine Schauspielerin wie Corinna Harfouch nicht gewachsen, die noch authentisch studieren konnte, was Brechtsche Verfremdung heißt. Unter Suschke wird sie in eine Identifikation mit der Figur gesogen, die all ihre Versuche kritischer Ironisierung kompensiert. Noch eben des Teufels General an der Volksbühne gibt die Harfouch nun des Teufels Braut empfindsam als ein naives Lieschen, eine bedauernswerte Mitläuferin der Nazis, der Prototyp der herzigen und schön unpolitischen deutschen Frau. Makabres Fazit: Im Theater am Schiffbauerdamm wird eine prominente Faschistin stadtfein gemacht und der progressiv linke Geist des einst berühmten Berliner Ensembles kaum reparabel diffamiert.

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