Der Kompass im Kopf

Nicht nur Vögel, auch Echsen und Säugetiere können sich am Magnetfeld orientieren

  • Siegfried Neumann
  • Lesedauer: ca. 1.5 Min.
Meeresschildkröten schwimmen auf der Suche nach Nahrung Tausende Kilometer durch die Weltmeere und finden dennoch wieder zurück zu dem Platz, wo sie einst dem Ei entschlüpft sind. Dort legen sie selbst wieder ihre Eier und der Kreislauf beginnt von neuem. Ähnliche Leistungen sind von Zugvögeln bekannt. Menschen bräuchten für diese Aufgabe Karte, Kompass und Sextant oder einen GPS-Empfänger. US-Forscher von der Unversität von North Carolina in Chapel Hill haben nun bei den Unechten Karettschildkröten (Caretta caretta) einen Sensor identifiziert, der das Erdmagnetfeld registriert. Über ihre Ergebnisse berichten sie im aktuellen Heft des US-Wissenschaftsjournals »Science« (Bd. 294, S. 354). Die untersuchten Schildkröten legen ihre Eier an der Küste Floridas und leben im nördlichen Atlantik. Kaum geschlüpft, folgen die jungen Tiere dem relativ warmen Wasser des Golfstroms, der ihnen reichlich Nahrung bietet. Würden die Schildkröten-Babys den warmen Meeresstrom verlassen, drohte ihnen der Tod durch Hunger oder Unterkühlung. Nun könnte es natürlich sein, dass sich die Tiere einfach treiben lassen und so allein die Strömung ihren Weg lenkt. Doch für den Rückweg nach Florida kommt diese Lösung nicht in Frage, da es einen vergleichbar starken Rückstrom an der Meeresoberfläche nicht gibt. Deshalb nahmen die Forscher um Kenneth J. Lohmann an, dass sich die Schildkröten vom Magnetfeld der Erde leiten lassen. Um diese Annahme zu prüfen, dachten sich die Biologen um Lohmann eine einfache Versuchsanordnung aus: Sie setzten die Schildkröten in einen großen Salzwassertank, der von einer magnetischen Spule umgeben war. Die Spule erzeugte magnetische Felder, die denen auf dem Weg der Karettschildkröten im Atlantik stark ähnelten. Tatsächlich reagierten die gepanzerten Schwimmer genauso, wie sie an den Stellen im Meer reagiert hätten, wo ein entsprechendes Magnetfeld herrscht. Im gleichen Heft von »Science« (S. 366) konnte ein tschechisch-deutsches Team um Pavel Nemec von der Prager Karls-Universität zeigen, dass auch bei Säugetieren eine entsprechende magnetempfindliche Struktur im Hirn vorkommt. Sie hatten im optischen Zentrum des Mittelhirns des Sambischen Graumulls - eines unterirdisch lebenden Nagetiers - eine Gruppe v...

Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.