Ein Namenswandel, doch keine Gesinnungsänderung
Herr Gröger, die ersteigerte Thälmann-Gedenkstätte und die juristische Villa Kunterbunt
Einst, im goldenen Oktober, nannte ND ihn etwas gestelzt Herrn Schlumlz. Dass wir seinen Namen bis zur Unkenntlichkeit verunstaltetet haben, lag aber an Herrn Gerd Gröger selbst. Denn so heißt der Mann wirklich: Gröger, schlicht und einfach Gröger. Auf gerichtlichem Wege hatte er dem ND untersagen lassen, ihn beim richtigen Namen zu nennen.
Nun aber teilten die Anwälte des Herrn Gröger »für den Antragsteller mit, dass der Antragsteller den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurücknimmt und auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung vom 29.04.2004 verzichtet« und auch »die Klage vom 21.06.2004« zurücknimmt. Mit anderen Worten: Gerd Gröger, der Mann, der die Immobilie mit der Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals 2002 bei einer Versteigerung für einen Schnäppchenpreis erwarb, hat nun nichts mehr dagegen, dass ND seinen Namen im Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks in Ziegenhals und dem darauf befindlichen geschützten Denkmal nennt. Was hat bei dem Mann, der sicherlich gute Gründe haben dürfte, die Öffentlichkeit zu scheuen, zu einem derart radikalen Sinneswandel geführt? Ist er möglicherweise zu einem stillen Unterstützer der Thälmann-Gedenkstätte geworden? Oder ist es die persönliche Geschichtsaufarbeitung, auch den Kommunisten Thälmann ehren zu wollen, den die Nazis im KZ ermordeten? Fragen über Fragen, doch keine Antworten. Mehr, als er über seine Anwälte mitteilen ließ, war nicht in Erfahrung zu bringen. Ein Gerd Gröger, so sagen es Internetveröffentlichungen, ist Leiter des Referats »Oberste Bauaufsicht« im Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg. In seiner Funktion als Obmann der durch die Fachkommission »Bauaufsicht« der Länder eingesetzten Projektgruppe »Musterversammlungsstättenverordnung« war er federführend für die Konzeption und Entwicklung der neuen Muster-Versammlungsstätten-Verordnung verantwortlich. Insofern wird sein Hang zum Besitz einer historischen Versammlungsstätte der Kommunisten ein wenig verständlicher. Es gibt allerdings eine einfache Erklärung für den nun erfolgten Gröger-Rückzug: Nachdem er Persönlichkeiten, Medien und Organisationen mit einer gigantischen Klagewelle überzog und das Berliner Landgericht seine Positionen stärkte, musste er vor dem Berliner Kammergericht, der höheren Instanz, Niederlagen einstecken. In zwei Fällen entschied es gegen Gröger. Um nun weiteren Schlappen vorzubeugen, hat Gröger den organisierten Rückzug angetreten und seinen Namen für die Öffentlichkeit freigegeben. Das Kammergericht kam zu der Überzeugung, dass der Diskretionsanspruch des Erwerbers der Thälmann-Gedenkstätte hinter dem Anspruch der Medien, wahrheitsgemäß über die Absichten des Erwerbers zu berichten, zurückstehen muss. Und die Absichten des Erwerbers liegen - und das liegt auf der Hand - nicht im Erhalt und dem Schutz der Gedenkstätte. Das Grundstück liegt an einem lukrativen Ort. Mit exklusiven Bauten lässt sich hier viel Geld verdienen. Wie Besucher der Gedenkstätte berichteten, verfolgt der Eigentümer nun eine veränderte Taktik. Hatte er anfangs Besuchern den Zugang zum Grundstück verwehrt, sind die Tore nun weit geöffnet. Allerdings die des Grundstücks, nicht die des Hauses. Somit ist die Anlage dem Verfall und der Zerstörung preisgegeben. Herr Gröger befindet sich in der komfortablen Situation, dass die Zeit für ihn arbeitet und Abrissbagger bald gar nicht mehr notwendig sein werden. Doch das gerichtliche Spektakel um die Namensnennung ist damit noch lange nicht zu den Akten gelegt. Während ND und Junge Welt Herrn Gröger auch Herrn Gröger nennen dürfen, wenn es um die Thälmann-Gedenkstätte geht, bleibt dies der Gewerkschaft ver.di verwehrt. Sie hatte Herrn G. zum Tag der deutschen Einheit wegen seiner unnachahmlichen »Verdienste« um die Pressefreiheit mit dem »Goldenen Maulkorb« geehrt. Auch dagegen hatte Herr G. geklagt und beim Berliner Landgericht mit dem Argument des Persönlichkeitsschutzes Recht bekommen. Jetzt teilt sich die Menschheit bis zu einer anders lautenden Gerichtsentscheidung in zwei Gruppen: Die einen, die Gröger sagen und schreiben dürfen, un...Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
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