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Manchmal ist der Kunde unberechenbar

Fragen an Günter Biere, Geschäftsführer des Kaufhofs am Berliner Alexanderplatz

  • Lesedauer: 3 Min.

Günter Biere, 52, stammt aus Köln und arbeitet seit sechs Jahren im Osten ND-Foto: B. Lange

? Im Einzelhandel fängt Weihnachten zeitig an. Kaum ist der Sommerschluß vorbei, steht die Weihnachtsdekoration.

Das ist völlig übertrieben. Mit Weihnachtsmarkt fangen wir Anfang November an. Beleuchtung, Bäume usw kommen dann etappenweise dazu; grundsätzlich nicht vor Totensonntag. Wir passen schon auf, daß das Weihnachtsfest, das ja auch noch ein christliches ist, nicht ganz dem Kommerz unterliegt.

? Viele Kaufliäuser berieseln die Kunden mit Werbung und scheuchen sie mit

Angeboten von einer Etage zur anderen. Schreckt das nicht eher ab?

Das gibt es bei uns nicht, weil wir es für störend halten. Wir präsentieren die Ware so, daß das als Kaufanreiz reicht.

? Was waren in Ihrem Haus die Renner - auch im Vergleich zu 1990, dem ersten Weihnachtsfest im Osten mit Westgeld?

Heute wird eindeutig alles bevorzugt, was Qualität hat. Es geht nicht mehr um den Mengenverkauf, sondern die Verbraucher in den neuen Bundesländern sind sehr schnell qualitätsbewußt geworden. Inzwischen haben sie ein ähnli-

ches Kaufverhalten wie die Bürger der alten Bundesländer. Sie achten stark auf Markenware. Unser ganzes Angebot hat sich in dieser Richtung gewandelt.

? Wirkt es sich aus, daß das Geld wegen sozialer Probleme knapper wird?

Wir spüren schon eine gewisse Kaufzurückhaltung. Aber es geht ja nicht darum, unbedingt Mengen durchzusetzen.

? Am Ende zählt aber der Umsatz.

Das muß ja nicht immer mit Stückzahl zu tun haben. Ich kann doch auch weniger, aber hochwertige Teile verkaufen statt Masse mit minderer Qualität.

? Wenn bei Ihnen Qualität gekauft wird, die ihren Preis hat - kommt das weniger zahlungskräftige Publikum nicht mehr zu Ihnen ins Stadtzentrum?

Das sehe ich nicht so. Die Entwicklung ist allgemeiaso, daß die Leute nicht mehr so zum Alexanderplatz strömen wie früher. Das verteilt sich durch neue Geschäfte. Aber das ist ein ganz normaler Prozeß. Darauf stellen wir uns ein - mit Qualität.

? Die gibt es demnächst verbilligt.

Das ist überall so. Da wird das Saisonende schon eingeläutet, obwohl wir noch mitten im Winter sind.

? Heißt das, Sie kalkulieren zu hoch?

So einfach kann man das nicht sagen. Wir haben natürlich Vorstellungen, was wir absetzen können. Aber das Wetter spielt eine Rolle, und auch der Verbraucher ist manchmal unberechenbar

? Zum Beispiel?

Letztes Jahr hatten wir einen Kaschmirboom. Der hat sich diesmal aus unverständlichen Gründen nicht so wiederholt. Jetzt sitzen wir auf Kaschmirteilen, die wir reduzieren werden.

? Bemerken Sie einen verstärkten Drang nach Ostprodukten?

Ja, bei Lebensmitteln ganz deutlich. Finde ich sehr gut.

Fragen: Wolfgang Hübner

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