Niedersachsen streicht Blindengeld

Verband kündigt Volksbegehren an / Sparhaushalt mit tiefen Einschnitten

  • Oliver Förste
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Begleitet von Protesten verabschiedete am Donnerstag der Niedersächsische Landtag den Haushalt für das Jahr 2005 - erneut ein Sparhaushalt mit massiven Kürzungen vor allem im sozialen Bereich.

Die schwarz-gelbe Landesregierung will im kommenden Jahr 21,65 Milliarden Euro ausgeben, rund 600 Millionen weniger als in diesem Jahr. Die Nettoneuverschuldung soll um 350 Millionen zurück gefahren werden. Dennoch bezeichnete der SPD-Fraktionsvorsitzende Sigmar Gabriel den Haushalt als nicht verfassungsgemäß, weil mehr Geld für Zinsen als für Investitionen ausgegeben werde. Am meisten spart das Land mit rund 420 Millionen Euro bei den Personalkosten. Die Streichung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld löste vielfältige Proteste bei den Landesbeamten aus, von der Feuerwehr bis zu Lehrern waren alle auf der Straße. Bluten müssen auch die Kommunen, die 150 Millionen Euro weniger vom Land erhalten. Als erstes Bundesland wird Niedersachsen die »Landeszentrale für politische Bildung« schließen. Kürzungen gibt es bei den Mädchenhäusern, der Soziokultur, den Staatstheatern und der Sprachförderung in Kindergärten. Einstimmig wurde beschlossen, die Diäten einzufrieren und die Höchstrenten für ehemalige Parlamentarier zu kürzen. Außerdem soll der Landtag mit der Wahl 2008 von 155 auf 135 Abgeordnete verkleinert werden. Die heftigsten Auseinandersetzungen gab es um die faktische Streichung des bisher einkommensunabhängig gewährten Blindengeldes in Höhe von 409 Euro monatlich. In Zukunft sollen nur noch Blinde bis zum 27.Lebensjahr 300 Euro erhalten. Über 11000 von insgesamt 12000 Sehbehinderten gehen damit zukünftig leer aus, oder sie müssen sich an das Sozialamt wenden, wenn ihr eigenes Einkommen eine bestimmte Grenze nicht überschreitet. Sigmar Gabriel warf Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) deshalb »soziale Kälte« vor und verwies auf alternative Vorschläge der SPD: »Wir wollen Subventionen abbauen, um uns zu entschulden und nicht zuerst bei Kindern, Blinden, Behinderten und Pflegebedürftigen kürzen.« Der grüne Fraktionsvorsitzende Stefan Wenzel prophezeite der Sozialministerin: »Sie haben Ihr Waterloo noch vor sich, weil Sie in der Debatte um das Blindengeld gezeigt haben, dass sie kein Gespür für soziale Gerechtigkeit haben.« Ursula von der Leyen verteidigte sich mit dem Argument, das Niveau des Sozialstaates ließe sich nur aufrecht erhalten, wenn nur wirklich Bedürftige unterstützt würden. »Gerade weil wir das Netz für die sozial Schwachen erhalten wollen, müssen wir uns der schwierigen Frage stellen, ob alle einkommensunabhängigen Leistungen weiter gewährt werden können.« Da Ministerpräsident Christian Wulff wichtige bundespolitische Termine wahrnahm, griff ihr der CDU-Fraktionsvorsitzende David McAllister unter die Arme. Er verstehe den Unmut bei den Betroffenen, aber in Anspielung auf die Schuldenlast in Höhe von 43 Milliarden Euro betonte er, »dass wir es für unsere moralische und ethische Verpflichtung halten, uns mit den Themen Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit auseinanderzusetzen«. Zu dem Waterloo für die Sozialministerin könnte es jedoch kommen, denn der Blindenverband hat für das kommende Jahr ein Volksbegehren g...

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