Nach rechts offen

Burschenschaften noch kein Fossil der Geschichte

Obwohl Burschenschaften in Berlin zur Zeit keine grosse Rolle spielen, sind sie mehr als ein Fossil. »Heute gibt es noch immer eine lebendige und aktive Berliner Burschenschaft Obotritia«, heißt es auf der Web-Seite. Das steht im Widerspruch zur bangen Frage: »Kann die Obotritia gemeinsam mit den wenigen noch verbleibenden Burschenschaften in Berlin den Überlebenskampf in einer korporationsfeindlichen Umwelt bestehen?« Die Obotritia gehört zu den »liberalen« Burschenschaften, betont ihre Grundgesetztreue und ist deshalb nach langen Kontroversen 1988 aus dem Dachverband »Deutsche Burschenschaften« (DB) ausgetreten, in dem die rechten Hardliner die Oberhand haben. Die Berliner Burschenschaft Gothia mit Sitz in Zehlendorf hingegen steht voll hinter dem Kurs der DB. Eine Deutschlandfahne auf der Startseite im Internet bekräftigt das Credo: »Ihre Grundhaltung findet Ausdruck in dem historisch begründbaren Wahlspruch: Ehre Freiheit Vaterland. Ihre Farben sind Schwarz Rot Gold.« In einem weiteren Grundsatz bekennt sich Gothia zum Recht »jedes Volksteils auf seine angestammte Heimat«. So durfte auch der NPD-Anwalt Horst Mahler im Sommer 1999 in ihrer Zehlendorfer Villa referieren. Gothia ist im letzten Jahr durch seine Nachwuchsförderung in die Schlagzeilen geraten. Die Berliner Schülervereinigung »Juvenis Gothia« hat sich den Leitspruch »Deutsch, frei und stark« gegeben. Obwohl die Junggoten, wie sie sich selber nennen, gerne betonen, patriotisch aber nicht rechtsradikal zu sein, waren in einem Zeitungsgespräch andere Töne zu hören: »Deutschsein umfasst meine heiligsten Gefühle« und »ich habe die Ostgebiete geistig noch nicht aufgegeben.« Dem »Stern« erzählte ein Jungburschenschaftler: »Wir distanzieren uns von den Skinheads. Wir machen das intellektueller.« Neben der Gothia präsentieren sich noch die Berliner Burschenschaften Märker, Thuringia, Alemania im Internet. Während ihre Häuser und Wimpel oft von allen Seiten begutachtet werden können, sind inhaltliche Texte Mangelware. Neue Mitglieder werden immer wieder mit preiswerten Zimmern gelockt, ohne dass die Rechtslastigkeit auf dem ersten Blick erkennbar ist. Auffällig aber ist, dass bei ihren Vereinschroniken die Nazizeit ein weißer Fleck bleibt. »Am 18.10.1935, also mit der Selbstauflösung der DB und der Übernahme durch den NSDStB (Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund, P.N.) legten die Aktiven Band und Mütze nieder«. Bis 1941 nannte man sich noch Festklub, jedoch ließen die Kriegsgeschehnisse keinerlei Aktivitäten mehr zu. Wie bei der Thuringia wird die Nazizeit auch bei den anderen Burschenschafte...

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