»Bei Gasgeruch muss Hilfe her!«

GASAG stellt sich als Kunstsponsor im eigenen Haus vor

  • Wolfgang Rex
  • Lesedauer: 2 Min.
»Bei Gasgeruch muss Hilfe her!« Der Dresdener Roland Boden will sich an solchen Spruch aus dem DDR-Schulunterricht erinnert haben und titelte so sein Werk für das GASAG-Haus am Reichpietschufer. Er lieferte eine auf Aluminium gedruckte Fotoarbeit ab, die Bären und andere Spielzeuge außer Kontrolle geraten und hilflos an der Decke klebend zeigt. Der Grund: die Spielzeuge sind mit Gas gefüllt. Boden meint dazu, dass im 19. Jahrhundert Gas als Synonym für technischen Fortschritt stand. Dann gab es Unfälle, Selbstmorde, Explosionen mit Gas, im Ersten Weltkrieg Massenmorde mit Giftgas und schließlich die Gaskammern der Nazis. Die GASAG hat in Zusammenarbeit mit der »Kunstfabrik am Flutgraben« in drei Jahren 29 Arbeiten gefördert. In den ersten beiden Jahren konnten von einer Jury ausgewählte Künstler ihre Arbeiten für die unteren drei Stockwerke vorstellen, jetzt folgten die Projekte für die 4. und 5. Etage. Bei diesem Wettbewerb wurden 260 mit der Kunstfabrik verbundene Künstler angeschrieben, zehn erhielten den Zuschlag. Den Ort zum Kunstwerk gewählt hat Sarah Schönfeld aus Berlin. Sie fotografierte Details im Haus, die dem vorübergehenden Besucher in ihrer Schönheit nicht auffallen. Sei es der Abschluss einer Lifttür oder eine marode Mauerecke. Die nächsten Überraschungen ihrer gerahmten Arbeiten: von fern und von der Seite gesehen wirken sie wie Oberlichter, von vorn und nah betrachtet wie Landschaften. 70 von 500 Mitarbeitern der GASAG hat Heidi Sill aus Fürth fotografiert. Heraus kam eine per Computer bearbeitete scherenschnittartige Wandzeichnung. Die Silhouetten wurden so übereinander gelagert, dass sie eine Personenreihe bilden. Die Fotografierten hätten Angst gehabt, dass sie an der Wand zu erkennen sind. Keiner habe sich wiederentdeckt, erklärte die Künstlerin. Erkennbar sind nur Gesten, Körperteile oder Haltungen. In der Neuzeit geht die Individualität verloren. Man kann die Reihe natürlich auch gutwillig als Metapher für eine gleichberechtigte Kommunikation deuten. Frank Kästner aus Rastatt hängte zwei Büroarbeiterinnen an die Wand. Eine stürzt kopfüber samt Bürostuhl und Tastatur von der Decke herab. Die überraschende Deutung Kästners, die Frau strahle Konzentration und ständige Arbeitsbereitschaft aus, ihre Haltung sei aufrecht. Die Eröffnung der beiden neu gestalteten Etagen im GASAG-Haus soll am 29. Januar innerhalb der »Langen Nacht der Museen« gefeiert werden. Dann können sich auch Besucher, die keine Gasrechnung reklamieren wollen, durch das Haus führen lassen.

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