Korruptionsjäger harren noch des Erfolgs

Sondereinheit in Sachsen wühlt mühsam im Beziehungsgeflecht

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Mit einer Sondereinheit will Sachsens Landesregierung der Korruption zu Leibe rücken. Nach einem Jahr hat die Truppe zwar einigen Staub aufgewirbelt. Die zählbaren Erfolge halten sich aber noch in Grenzen.

Kleine Fische sind nicht ihr Thema. »Wir kümmern uns nicht um den Polizisten, der bei einer Verkehrskontrolle im Tausch für einen Schein die Augen zudrückt«, sagt Claus Bogner. Die »Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen«, die der Oberstaatsanwalt leitet, soll vielmehr der »strukturellen Korruption« im Freistaat auf den Pelz rücken - Netzwerken also, in denen etwa Beamte über lange Zeit »angefüttert« werden, um sich bei der Vergabe von teuren Aufträgen dann ihrer Bekannten zu erinnern. Derlei Geflechte scheinen auch in Sachsen gut zu gedeihen: »Es gibt genügend Fälle«, sagt Bogner, »um unsere Kapazitäten vollständig zu binden.«
Das will etwas heißen. Schließlich ist die Integrierte Ermittlungseinheit, die ihren Namen dem schönen Kürzel »Ines« verdankt, eine personell bestens ausgestattete Truppe, mit deren Aufstellung die CDU-Landesregierung zu Beginn des Wahljahres 2004 öffentlichkeitswirksam ihr Engagement gegen Korruption demonstrieren wollte. Anlass waren viele Vorwürfe gegen Bürgermeister oder Landräte, die oft der CDU angehörten; das Wort vom »schwarzen Filz« machte die Runde.

Experten arbeiten Tür an Tür
Bei Ines arbeiten neun Staatsanwälte und 32 Ermittler der Polizei zusammen, die - anders als beim Vorbild in Schleswig-Holstein - durch Spezialisten für Bauwesen, Vergaberecht, Buchhaltung und Steuerangelegenheiten ergänzt werden. Die Beteiligten arbeiten, wie Bogner betont, »Tür an Tür« und könnten so sehr effektiv ermitteln - auch wenn die Computersysteme von Polizei und Staatsanwaltschaft nach wie vor nicht kompatibel sind. Das bereitet dem Ines-Chef indes weniger Probleme als der Umstand, dass etwa die Kronzeugenregelung bei der Korruptionsbekämpfung nicht greift und auch Telefonüberwachungen nur in Ausnahmefällen anzuwenden sind.
Grund ist, dass Korruption, wie Bogner formuliert, ein »Suchdelikt« ist. Zwar sind die materiellen Schäden hoch; direkte Opfer, die Anzeige erstatten, und Zeugen gibt es aber selten. Deshalb gestaltet sich die Suche etwa nach Kartellen, die durch Absprachen die Preise bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in die Höhe treiben, sehr mühselig und langwierig.
Folge ist, dass Bogner nach einem Jahr Arbeit zwar einige allgemeine Erkenntnisse präsentieren kann: In zwei Dritteln der untersuchten Fälle seien öffentliche Verwaltungen beteiligt; die Baubranche und generell der Bereich »öffentlicher Dienstleistungen« seien besonders anfällig; die Täter seien in der Regel männlich, deutsch und nicht vorbestraft, hätten hohen gesellschaftlichen Status und »meist keinerlei Unrechtsbewusstsein«.
Bei Zahlen aber wird es schwierig. Ines habe im ersten Arbeitsjahr 180 Ermittlungsverfahren bearbeitet, dazu 30 Prüfvorgänge und 20 Ermittlungen gegen unbekannt - meist mit sehr vielen Tätern. Aktuell sind 86 Fälle in Arbeit. Allerdings wurde erst ein Fall zur Anklage gebracht: Der Oberbürgermeister von Crimmitschau, Peter Zippel (CDU), soll 425000 Euro veruntreut haben und wird zudem der Bestechlichkeit verdächtigt. Weitere 10 bis 15 Verfahren wurden mit Geldbußen beendet. Im Fall der vom Land geförderten Beschäftigungsgesellschaft QMF oder beim Leipziger Kämmerer Peter Kaminski stehen Ergebnisse indes noch aus.

Hohe Erwartungen an eine teure Truppe
Dass die Truppe, die laut Justizminister Geert Mackenroth (CDU) ein »schlagkräftiges« und zudem bundesweit einmaliges Instrument ist, mehr Erfolge nachweisen muss, um ihre teure Einrichtung zu rechtfertigen, dürfte den Beteiligten klar sein. Kritiker sprechen seit längerem von einem bloßen »Prestigeobjekt«, das kaum greifbare Ergebnisse zeitige. Bogner verweist auf mühselige Ermittlungen, die viel Zeit benötigen. Immerhin aber sieht er die »Entdeckungswahrscheinlichkeit« deutlich gestiegen und mahnt sogar schon, vorbeugend für »Manpower« bei den Gerichten zu sorgen: »Wir werden in...

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