Karikatur des Dualen Ausbildungssystems?

Thüringens DGB-Chef kritisiert Landespakt

ND: Der Thüringer Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz (CDU) hat den Ausbildungspakt zwischen der Regierung des Freistaates, den Spitzenverbänden der Wirtschaft und den Kammern als Erfolg gepriesen. Sie nannten kürzlich ganz andere Zahlen. Wer hat sich geirrt?
Spieth: Im vorigen Jahr gab es 31725 Bewerber, insgesamt aber nur 17724 Ausbildungsplätze. Das entspricht etwa dem, was mit dem Ausbildungspakt erreicht werden sollte. Allerdings sind darunter nur 11890 betriebliche Ausbildungsplätze. Das ist im Verhältnis zu den Bewerbern entschieden zu wenig.

Ist das nicht eine Karikatur des Dualen Ausbildungssystems?
So ist das. Von der Wirtschaft wird zu wenig getan.

Will sie oder kann sie nicht?
Die Bereitschaft der Betriebe, Ausbildungsplätze bereitzustellen, sinkt von Jahr zu Jahr. Öffentliche Mittel wurden zum Lindern der Ausbildungsnot eingesetzt, während sich private Unternehmen in noch größerem Umfang aus der Ausbildung zurückzogen.

Ist staatliche Ausbildungsfinanzierung also ein Anreiz für die Wirtschaft, sich zurückzuziehen?
1997 hatten wir 20925 betriebliche Ausbildungsplätze, jetzt sind es nur noch 11859. 1997 lag die Gesamtzahl bei 25500 Plätzen, jetzt sind es 17700. Der Rückgang der Ausbildungsplätze ist damit deutlich größer als der Rückgang der Bewerberzahlen. Hinzu kommt eine »Bugwelle« von Jugendlichen, die in früheren Jahren keinen Ausbildungsplatz erhalten haben. 2004 war das ein Viertel der Bewerber.

Laufen Jugendliche, die jahrelang ohne Lehrstelle bleiben, nicht Gefahr, keinen vernünftigen Lebensrhythmus zu finden?
Dem soll ja mit der neuen Arbeitsmarktgesetzgebung und der Verpflichtung für Arbeit und Ausbildung entgegengewirkt werden.

Die Motivation, die aus einem erlernten und gern ausgeübten Beruf erwächst, lässt sich damit aber wohl kaum erreichen.
Das ist wahr. Von den Kammern gibt es jetzt das Angebot für mehrmonatige Schnupperkurse in Unternehmen. Es wird empfohlen, die bei der Berufsausbildung teilweise anzurechnen, aber es gibt dafür keine verbindliche Regelung.

Fordert der DGB weiterhin eine Ausbildungsumlage?
Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass eine Umlage ein geeignetes Instrument wäre, um die nicht ausbildenden Betriebe an der Ausbildungsfinanzierung zu beteiligen. Damit würde erst einmal Waffengleichheit zwischen den Unternehmen am Markt hergestellt. Außerdem ist die öffentlich finanzierte Berufsausbildung, die mehr als die Hälfte der Ausbildungsstellen in Thüringen sichert, ja schon eine Ausbildungsumlage - nur wird sie von den Steuerzahlern finanziert.

Der DGB hatte den Thüringer Pakt nicht mitgetragen. Sehen Sie sich jetzt bestätigt?
Ich begrüße natürlich das Bemühen. Dass aber die vereinbarten Zahlen noch unter denen des Vorjahres liegen und die Höhe des betrieblichen Anteils nicht erkennbar ist, dagegen hatte ich von Anfang an etwas, weil das eine Täuschung der Öffentlichkeit ist. Insofern ist meine Befürchtung bestätigt worden.

Fragen: Peter Liebers Frank Spieth ist Landeschef des DGB in Thüringen ND: Der Thüringer Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz (CDU) hat den Ausbildungspakt zwischen der Regierung des Freistaates, den Spitzenverbänden der Wirtschaft und den Kammern als Erfolg gepriesen. Sie nannten kürzlich ganz andere Zahlen. Wer hat sich geirrt?
Spieth: Im vorigen Jahr gab es 31725 Bewerber, insgesamt aber nur 17724 Ausbildungsplätze. Das entspricht etwa dem, was mit dem Ausbildungspakt erreicht werden sollte. Allerdings sind darunter nur 11890 betriebliche Ausbildungsplätze. Das ist im Verhältnis zu den Bewerbern entschieden zu wenig.

Ist das nicht eine Karikatur des Dualen Ausbildungssystems?
So ist das. Von der Wirtschaft wird zu wenig getan.

Will sie oder kann sie nicht?
Die Bereitschaft der Betriebe, Ausbildungsplätze bereitzustellen, sinkt von Jahr zu Jahr. Öffentliche Mittel wurden zum Lindern der Ausbildungsnot eingesetzt, während sich private Unternehmen in noch größerem Umfang aus der Ausbildung zurückzogen.

Ist staatliche Ausbildungsfinanzierung also ein Anreiz für die Wirtschaft, sich zurückzuziehen?
1997 hatten wir 20925 betriebliche Ausbildungsplätze, jetzt sind es nur noch 11859. 1997 lag die Gesamtzahl bei 25500 Plätzen, jetzt sind es 17700. Der Rückgang der Ausbildungsplätze ist damit deutlich größer als der Rückgang der Bewerberzahlen. Hinzu kommt eine »Bugwelle« von Jugendlichen, die in früheren Jahren keinen Ausbildungsplatz erhalten haben. 2004 war das ein Viertel der Bewerber.

Laufen Jugendliche, die jahrelang ohne Lehrstelle bleiben, nicht Gefahr, keinen vernünftigen Lebensrhythmus zu finden?
Dem soll ja mit der neuen Arbeitsmarktgesetzgebung und der Verpflichtung für Arbeit und Ausbildung entgegengewirkt werden.

Die Motivation, die aus einem erlernten und gern ausgeübten Beruf erwächst, lässt sich damit aber wohl kaum erreichen.
Das ist wahr. Von den Kammern gibt es jetzt das Angebot für mehrmonatige Schnupperkurse in Unternehmen. Es wird empfohlen, die bei der Berufsausbildung teilweise anzurechnen, aber es gibt dafür keine verbindliche Regelung.

Fordert der DGB weiterhin eine Ausbildungsumlage?
Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass eine Umlage ein geeignetes Instrument wäre, um die nicht ausbildenden Betriebe an der Ausbildungsfinanzierung zu beteiligen. Damit würde erst einmal Waffengleichheit zwischen den Unternehmen am Markt hergestellt. Außerdem ist die öffentlich finanzierte Berufsausbildung, die mehr als die Hälfte der Ausbildungsstellen in Thüringen sichert, ja schon eine Ausbildungsumlage - nur wird sie von den Steuerzahlern finanziert.

Der DGB hatte den Thüringer Pakt nicht mitgetragen. Sehen Sie sich jetzt bestätigt?
Ich begrüße natürlich das Bemühen. Dass aber die vereinbarten Zahlen noch unter denen des Vorjahres liegen und die Höhe des betrieblichen Anteils nicht erkennbar ist, dagegen hatte ich von Anfang an etwas, weil das eine Täuschung der Öffentlichkeit ist. Insofern ist meine Befürchtung bestätigt worden.

Fragen: Peter Liebers Frank Spieth ist Landeschef des DGB in Thüringen

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