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Wenn die »Lärmpolizei« klingelt

In Marzahn bekommen laute Nachbarn schnell Besuch, der für Ruhe sorgt

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 3 Min.
Dröhnende Musik, laute Partys und kreischende Bohrmaschinen - ein Fall für Berlins erste »Lärmpolizei«. Im Auftrag der Wohnungsbaugesellschaft Marzahn sind jetzt täglich von 18 bis 3 Uhr zwei Mitarbeiter der Sicherheitsfirma Flash Security in den Wohngebieten unterwegs. Im schwarz-silberfarbenen Smart absolvieren die durchtrainierten Männer ihre Einsätze. Bis zu 30-mal werden ihre Dienste wöchentlich in Anspruch genommen. So oft beschweren sich Nachbarn über Nachbarn. »Freitags und an den Wochenenden ist das meiste los«, sagt Hans. Der 26-Jährige hat in dieser Woche Streifendienst. Gemeinsam mit dem elf Jahre älteren Frank beobachtet er die Plattenbausiedlung am östlichen Stadtrand. Sie schauen in Wohnhöfe und Hausflure, nehmen Grünflächen in Augenschein. Für 15000 Wohneinheiten ist das Security-Team von Bereichsleiter André Beyer verantwortlich. Per Zentrale, die von WBG-Mietern über Lärmbelästigungen benachrichtigt wird, erhalten die Männer ihre Einsatzroute. Spätestens nach 15 Minuten stehen sie bei den Störern vor der Tür. So wie in der Nacht zum Dienstag: Ein Nachbar hatte sich über einen lautstarken Ehekrach im Haus beschwert. Als Hans und Frank in der Golliner Straße ankommen, ist das Gebrüll bis in das Erdgeschoss zu hören. Aber die Ruhestörer öffnen nach dem Klingeln nicht die Tür. »Da können wir auch nichts machen«, sagt Hans. Weil es aber inzwischen ruhig geworden ist, verlassen sie das Gebäude. Später wird im Wachbuch der Einsatz notiert. »Damit können wiederholte Störungen nachgewiesen werden«, sagt Erika Kröber, Sprecherin der Degewo-Gruppe, zu der die WBG gehört. Ruhestörungen zählen zu den häufigsten Anlässen für nachbarschaftliche Konflikte. Etliche Stammmieter sind schon wegen solcher Probleme ausgezogen. Das soll mit der Lärmpolizei vermieden werden. »Wir setzen ein Zeichen und zeigen, dass wir uns für eine rücksichtsvolle Nachbarschaft einsetzen«, so Erika Kröber. Zurzeit sind die Streifen in Marzahn-Mitte und Marzahn-Nord im Einsatz, spätestens im April will die WBG flächendeckend für alle 23000 Wohnungen diesen Service anbieten. Die Finanzierung trägt das Unternehmen, auf die Betriebskosten wird nichts umgelegt, versichert die Sprecherin. Bewährt hat sich das Projekt schon jetzt. Die Marzahner nehmen den Service gut an. Während früher geplagte Nachbarn wochenlang Lärmprotokolle führen mussten, schafft die Lärmpolizei schnell Abhilfe. »Beim ersten Mal weisen wir die Mieter freundlich auf die Störung hin«, sagt Bereichsleiter André Beyer. Später werde konsequent ermahnt, und nach drei Verstößen folge die Kündigung. Bislang wurden drei Mietverhältnisse per außerordentlicher Kündigung wegen fortgesetzter Missachtung der Hausordnung beendet. Das sei die Ausnahme, betont Erika Kröber. Die meisten lauten Mieter seien einsichtig. Betreten dürfen die mindestens 1,80 Meter großen Sicherheitsleute die Wohnungen allerdings nicht. Kommt es zu Konflikten, rufen sie die Polizei.

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