Rote Rosen für »generöse« Berlin-Banker

Mildes Urteil trotz pflichtwidriger jahrelanger Vertuschung von Risiken in Höhe von 15 Milliarden DM

Mit Rosensträußen waren Anhänger der »Initiative Berliner Bankenskandal« ins Landgericht gekommen, um zweien seiner Hauptakteure zu den milden Geldstrafen zu gratulieren. Doch die LBB-Pensionäre Ulf-Wilhelm Decken und Jochem Zeelen nahmen den Hinterausgang und schickten ihre Anwälte zur Urteilsschelte vor.

Vergeblich warteten zwei junge Berliner, passend zum Milieu der Angeklagten in Abendkleid bzw. Frack und Zylinder gewandet, mit Sträußen dunkelroter Rosen und einem schriftlichen »Danke für die Plünderung Berlins« in Händen gestern ab 14 Uhr vorm Saal 500 des Kriminalgerichts Moabit auf zwei eher unscheinbar grau gewandete Herren mit ebensolchem Haar. Aber der einstige Vorstandssprecher der Landesbank Berlin (LBB) und sein mitangeklagter Vorstandskollege scheuten sich, Journalisten und betroffenen Bürgern Rede und Antwort zu stehen, nachdem die 26. (Wirtschafts-)Strafkammer des Landgerichts sie wegen strafbarer »Unrichtiger Darstellung« in drei Jahresbilanzen verurteilt hatte. Plausible Gründe konnten die danach befragten Anwälte nicht nennen. Dem 63-jährigen Zeelen hatte die Vorsitzende Richterin Karin Garz-Holzmann ja attestiert, er habe an der Aufklärung mitgewirkt. Decken (59) muss sich hingegen Feigheit nachsagen lassen, wenn er vor Fragen kneift. Zumal er der Vorsitzenden zufolge in seinem Schlusswort Gericht und Staatsanwaltschaft »Voreingenommenheit« und »Einseitigkeit« vorgeworfen, und die Richterin, die seine Klage gegen seine Entlassung bei der LBB sogar der Rechtsbeugung beschuldigt hatte. Das trägt ihm nach einer Anzeige womöglich Anklage und Prozess wegen Verleumdung ein. Mildernde Umstände, weil er bisher unbestraft ist, kann Decken dann nicht mehr erwarten. Diesmal billigte sie ihm das Gericht ausdrücklich zu. Dass er sich - im Gegensatz zu Zeelen - außer in einer Eingangserklärung und dem Schlusswort nicht zu den Vorwürfen äußerte, wurde ihm als sein »gutes Recht« attestiert. Verwunderlich nur, dass ihm sein beharrliches Leugnen jeglichen Gesetzesverstoßes nicht - wie üblich - als strafverschärfend angelastet wurde. So kam auch er mit Geldstrafe weg. 300 Tagessätze zu 300 Euro, bei über 228000 Euro Jahrespension, die das Gericht auf 140000 Euro »netto« herunterrechnete. Für PDS-Sprecher Michael Nelken zeigt das «Möglichkeiten und Grenzen der Aufarbeitung des Berliner Bankenskandals« durch das Strafrecht. Immerhin hat Richterin Garz-Holzmann konstatiert, das Gericht habe in neunmonatiger Beweisaufnahme festgestellt, dass die Angeklagten zwischen Dezember 1994 und April 1997 die Komplementäre von fünf Immobilienfonds-Gesellschaften der LBB sowie die persönlich haftenden Gesellschafter der LBB-Tochter Weberbank Privatbankiers KGaA unwiderruflich von Haftung für Geschäftsverbindlichkeiten freigestellt hatten. Dies habe für die LBB ein zusätzliches Risiko begründen können, da die von Haftung Freigestellten eventuelle Ansprüche von Gläubigern an die LBB weiterreichen konnten. Diese Freistellungserklärungen und die damit verbundenen potenziellen Verbindlichkeiten - im ungünstigsten Falle bis zu 15 Milliarden DM - hätten daher in den LBB-Bilanzen für die Jahre 1997 bis 1999 berücksichtigt werden müssen, weil sie für die finanzielle Situation des Unternehmens von Bedeutung gewesen seien, sagte Garz-Holzmann. Bilanzen hätten auch die Funktion, »vor nur möglichen Risiken zu warnen«. Die Angeklagten hätten dies jedoch bewusst verschwiegen, auch den Abschlussprüfern der LBB und den beauftragten Wirtschaftsprüfern nicht offenbart, obwohl sie dazu verpflichtet waren. Die Wirtschaftsprüfer hätten daher die tatsächlich unvollständigen Jahresabschlüsse testiert. Decken und Zeelen hätten »bewusst bankinterne Kontrollinstanzen umgangen«, so auch den Aufsichtsrat getäuscht. Was mögliche Motive dafür anlangt, sparte das Gericht das politische Interesse des Senats an einem landeseigenen »Global Player« im Finanzgeschäft aus. Es sah sie stattdessen im »Marktauftritt der Weberbank«, der aufgewertet werden sollte, und darin, dass die freigestellten Ges...

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