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Studenten als Selbstständige: Viele Jobs werden nur »auf Honorarbasis« angeboten

Viele Jobs für Studierende werden »auf Honorarbasis« angeboten. Das hat Konsequenzen für das Verhältnis zum Auftraggeber, zur Sozialversicherung und zu den Behörden. Ein Arbeit»nehmer«, also ein abhängig Beschäftigter, verkauft für eine bestimmte Zeitspanne seine Arbeitskraft. Ein Selbstständiger verkauft das Produkt seiner Arbeitskraft - das gilt für die studentische Promoterin von Handy- oder Stromverträgen genauso wie für einen Bäckermeister, einen Bildhauer oder eine Software-Entwicklerin. Neben denen, die nach deutschem Rechtsverständnis ein Gewerbe betreiben und dazu meist Mitglied einer Handwerks- oder Handelskammer sein müssen, gibt es eine Reihe von »freien« Berufen, die in § 18 des Einkommensteuergesetzes beispielhaft aufgeführt sind. Dort werden zunächst allgemein »wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende und erzieherische« Tätigkeiten benannt und dann eine Reihe von Berufen aufgelistet: u.a. Ärzte, Anwälte, Ingenieure, Journalisten, Dolmetscher, Lotsen »und ähnliche Berufe«. Da der Gesetzestext vor dem Siegeszug des Computers verfasst wurde, ist die Abgrenzung in der IT-Branche manchmal strittig, »ähnliche Berufe« sind eben ein weites Feld. Der Vorteil der freien Berufe liegt in der geringeren Bürokratie. So müssen weder Bilanzen erstellt noch Gewerbesteuer bezahlt werden, es genügt eine Gegenüberstellung von beruflichen Einnahmen und Ausgaben (Gewinnermittlung, Einnahmeüberschussrechnung). Auch wenn ein Auftraggeber einen Gewerbeschein verlangt, heißt das noch nicht, dass man im Bürokratieaufwand erstickt: Kleinunternehmer haben es relativ einfach. Meist wollen die Firmen sich nur gegen den Verdacht absichern, sie würden »Scheinselbstständige« beschäftigen. Können sie der Krankenkasse die Gewerbescheine der jobbenden Studierenden vorzeigen, sind sie fein raus. Bei Honorarverträgen fallen typischerweise weg: bezahlter Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, bezahlte Feiertage, Nachtzuschläge, Kündigungsfristen. Der Auftraggeber bezahlt nur, was er bestellt hat, ist dabei hochgradig flexibel, schiebt das sonst so gern bemühte »Unternehmerrisiko« weitestgehend auf die jobbenden Studierenden ab und spart sich auch noch die Sozialabgaben. Es gibt allerdings auch Fälle, in denen ein Werkvertrag durchaus sinnvoll ist, z.B. bei projektgebundenen Finanzierungen oder wenn tatsächlich ein »Werk« erstellt werden soll (Fotoausstellung, Spezialsoftware, Zeitungsartikel). Honorarjobs sind erst mal brutto für netto, so dass man mehrere nebeneinander ausüben kann, ohne gleich Steuern zahlen zu müssen; sie sind unbürokratisch, und oftmals legen Studierende selber Wert auf Flexibilität. In der Beratungspraxis an der Universität zeigt sich immer wieder, dass es Honorartätigkeiten gibt, in denen Studierende sich pudelwohl fühlen, weil sie bereits ein Stück des angestrebten Berufstraumes verwirklichen und selbstständig arbeiten können. Die Kehrseite der Medaille bilden Studierende, die als vermeintlich »Freie« ständig am Gängelband des Auftraggebers geführt werden und den - oft zutreffenden - Eindruck haben, permanent betrogen zu werden. Es gibt Jobs, die nach Stundensätzen abgerechnet, zu festgelegten Zeiten, in den Räumen des Auftraggebers, mit seinen Fahrzeugen oder in seiner Unternehmenskleidung ausgeübt werden und bei denen genau vorgeschrieben ist, was die Jobbenden zu tun und auf wessen Anweisungen sie zu hören haben. Das alles sind typische Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, aber trotzdem werden viele solcher Jobs als freiberufliche Tätigkeit auf Honorarbasis ausgeschrieben und den Jobbern Verträge vorgelegt, deren verbale Verrenkungen, um den Begriff »Arbeitsvertrag« zu umgehen, manchmal richtig drollig sind. In der Praxis machen manche Jobber das mit, weil sie es nicht anders kennen oder weil sie glauben, keine andere Wahl zu haben, manche machen es solange mit, wie Bezahlung und Betriebsklima stimmen, manche kontaktieren relativ bald die Gewerkschaft und - sofern vorhanden - den Betriebsrat. Falls Geld und Klima nicht mehr stimmen oder das Unternehmen bestimmte Zusagen nicht einhält, kann sich durchaus eine Feststellungsklage beim Arbeitsgericht lohnen. Sollte dieses nämlich zu dem Ergebnis kommen, dass sich hinter dem vermeintlichen »Werkvertrag« ein reales Arbeitsverhältnis verbirgt, sind für den Unternehmer auf jeden Fall zwei Nachzahlungen fällig: eine an den klagenden Jobber und eine an die Sozialversicherung; manchmal noch eine dritte ans Finanzamt. Wie im vorletzten ND-Ratgeber bereits erwähnt, sind nicht alle freiberuflichen Tätigkeiten sozialabgabenfrei. Bei erzieherischen Tätigkeiten ist die Rentenversicherung Pflicht, und wer wegen Überschreitung der Alters- oder Semestergrenze in der Krankenversicherung nach Höhe seiner Einnahmen veranschlagt wird, zahlt dafür etwa ein Siebtel des Honorars. Allerdings können sich frisch gebackene Selbstständige in den ersten drei Jahren von der Versicherungspflicht befreien lassen, falls sie »auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind« und selbst niemanden oder nur Minijobber beschäftigen. So steh...

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