• Kultur
  • DIE ERINNERUNGEN DER JELENA RSHEWSKAJA

Hitlers Ende

  • Karlen Vesper
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.
Finden Sie Hitler - tot oder lebendig!« So lautete der Auftrag an eine kleine Gruppe sowjetischer Offiziere, zu der auch Gardeleutnant Jelena Rshewskaja gehörte. Am späten Abend des 30. April 1945 hatte zwar Infanteriegeneral Hans Krebs bereits Generaloberst Tschuikow darüber informiert, dass »der Führer aus dem Leben geschieden« ist. Doch was wurde damals nicht alles behauptet... Hitler hätte drei Tage vor dem Fall von Berlin mit seiner Pilotin Hanna Reitsch die Hauptstadt verlassen. Ein anderes Gerücht besagte, er wäre durch unterirdische Gänge aus Berlin entwichen und halte sich in der uneinnehmbaren Südtiroler Alpenfestung verborgen. »Wenn es keine Überreste von Hitlers Leiche gibt, bedeutet dies: Wir bleiben der Welt den unwiderlegbaren Beweis von Hitlers Ende schuldig. Sein "Verschwinden" würde den Nährboden für Mythen und Spekulationen bilden«, schreibt Jelena Rshewskaja. Meter für Meter sucht der kleine Trupp der 3. sowjetischen Stoßarmee den Bunker unter der Reichskanzlei ab, um sich Gewissheit zu verschaffen. Etliche »Zungen« werden befragt, vor allem Hitlers letzte Gefolgschaft. Erst nachdem die Leichen von Magda und Josef Goebbels und ihrer sechs Kinder gefunden werden, stößt man im Garten der Reichskanzlei auf zwei weitere: Hitler und Eva Braun. Eine Kommission sowjetischer Militärärzte bestätigt deren Identität. Den untrüglichen Beweis liefert das Gebiss Hitlers, das Jelena Rshewskaja am 8. Mai in einem Kästchen mit dem Bescheid übergeben wird, sie hafte mit ihrem Kopf dafür, dass es nicht verschwinde. Die Erinnerungen der Jelena Rshewskaja hat Stefan Doernberg jetzt herausgegeben. Der Berliner Geschichtsprofessor, selbst Augenzeuge, 1945 in Berlin als Rotarmist an der Seite Tschuikows, stellte dem einmaligen, spannenden Report ein einfühlsames Geleitwort voran. Er erinnert sich, damals keinen Gedanken an des Diktators Ende verschwendet zu haben: »Auf welche Weise er sein Leben aushauchte, schien mir damals ohne größere Bedeutung zu sein. Ist es eigentlich auch heute noch. Viel wichtiger war und ist eine überzeugende Analyse der Ursachen des Zweiten Weltkrieges, seines Verlaufs und der Lehren, die nach dem Sieg über die faschistischen Aggressoren gezogen wurden.« Solche Fragen freilich erörtert der Bericht der Jelena Rshewskaja nicht, aber Antworten auf andere Fragen sind hier zu finden. Man kann die Gedanken und Gefühle der Autorin nachempfinden, die als junge Studentin in den Krieg zog: »Wenn man doch alle herholen könnte, die die Qualen des Soldatenlebens auf sich genommen, Hunger gelitten, Kälte ertragen und Verwundungen überstanden hatten, wenn man die alle wiedererwecken könnte, die ihr Leben gegeben: Sie sollten sehen, mit welch drohender Stärke ihre Armee in die Höhle des Feindes gekommen ist.« Zu lesen ist hier auch über ihre Verwunderung, dass die Deutschen, treu und blind »ihrem Führer« bis zuletzt gefolgt sind. Da bringt sie es auch nicht fertig, den ihnen, den Befreiern, entgegenlaufenden deutschen Arbeiter und dessen ...

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