Keine Entschädigung für Hugenbergs Erben
Oberste Verwaltungsrichter wollten nicht noch einen Persil-Schein für Hitler-Minister ausstellen
Erben Hugenbergs forderten Entschädigung. Sie wollen einen Ausgleich für »ihr« enteignetes Rittergut in Sachsen, haben das Bundesverwaltungsgericht angerufen und verloren.
60 Jahre nach dem Ende von Hitlers Krieg ist einen hohe Zeit für Geschichtsrevision. Die Motive dafür sind unterschiedlich. Bisweilen handelt es sich um simple materielle Gründe. Einer liegt im sächsischen Uhsmannsdorf, einem Nest unweit von Rothenburg. Hier liegt ein ehemaliges Rittergut, 600 Hektar groß, Wiesen, Äcker, Wald. Das kleine Reich gehörte einst einem Alfred Hugenberg. Und der ist, so sagen es die Erben, ein Mann gewesen, der alles daran gesetzt hat, die Macht von Adolf Hitler zu beschneiden. Und zwar so rechtzeitig, dass er das bekannte Unglück nicht über die Welt bringen konnte. Das allerdings liest man - zumindest in der bisherigen Geschichtsschreibung - ganz anders. Nach kurzer Bankerkarriere war der Mann 1909 Vorsitzender des Direktoriums der Friedrich Krupp AG und vertrat im ersten Weltkrieg massiv expansive Ziele. Durch die Zusammenfassung des Scherl-Verlags, der Telegraphenunion und der Universum-Film-AG (UFA) schuf er als Reichstagsabgeordneter ein politisch mächtiges reaktionäres Pressemonopol. Schon bald schlossen seine reaktionäre DNVP und die NSDAP Bündnisse. Am 28. Januar 1933 trat Hugenberg als Wirtschaftsminister in die Naziregierung ein, musste aber - nachdem er seine Schuldigkeit getan hatte - bereits Ende Juni 1933 seinen Platz räumen. Anfang Oktober 1946 wurde der Mann, der Hitler Türen zur rechtskonservativen Bürgerschaft und zu Wirtschaftskreisen geöffnet hat, von der britischen Militärregierung verhaftet und in das Lager Staumühle bei Paderborn überführt. Zunächst galt er im Entnazifizierungsverfahren als »Belasteter«, wurde aber in einem zweiten Akt »entlastet«. Ungeachtet dessen blieb es bei der von der sowjetischen Besatzungsmacht ausgesprochen Uhsmannsdorf. Zurecht, wie das Verwaltungsgericht in Dresden geurteilt hat. Dabei stützte es sich unter anderem auf die Kompetenz des Berliner Historikers Wolfgang Benz. Der meinte: Auch wenn Hugenberg geglaubt haben sollte, ein konservatives Gegengewicht zur Nazi-Bewegung etablieren und Hitler manipulieren zu können, habe er eine wichtige Rolle bei der Zerstörung der Weimarer Republik und der Installierung des NS-Regimes gespielt. Der »Persil-Schein«, so die Dresdner Richter, sei nicht bindend. Hugenberg habe ihn aufgrund seines hohen Alters und der Versicherung bekommen, sich nicht mehr politisch betätigen zu wollen. Resultat der ersten Entschädigungsverhandlung: Das Verwaltungsgericht Dresden lehnte die Klage der Erbengemeinschaft ab. Doch die gingen weiter. Gestern nun musste sich die oberste juristische Instanz in Leipzig mit dem Fall befassen. Es ging um weit mehr als »nur« um den Streitwert von 70000 Euro. Die Bundesrichter sollten grundsätzlich klären, in welchen Fällen ein Politiker oder Wirtschaftsführer dem Nazi-Regime »erheblich Vorschub geleistet« h...Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
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