Elser - dem Vergessen entrissen

Ein Hörstück über den Hitler-Attentäter hatte Uraufführung

»Das Einzige, was mich interessiert, wird nie berichtet: Ob er noch lebt oder nicht.« Mit diesem verzweifelten Ausruf einer Mutter beginnt das Hörstück »elser. erinnern«, mit dem der mutige Hitler-Attentäter Johann Georg Elser dem Vergessen gerissen werden soll. Denn trotz der spektakulären Tat, die von einem Höchstmaß an Zivilcourage und Entschlossenheit kündet, ist der Schreiner aus Württemberg den meisten Menschen kein Begriff. Bis in die 90er Jahre fehlte Elser, dessen Sprengstoffanschlag im Münchner Bürgerbräukeller am 8. November 1939 Hitler nur um 13 Minuten verfehlte, sowohl in den meisten Lexika als auch in den Schul-Geschichtsbüchern. Der »Club der schönen Mütter«, eine Plattform von interdisziplinären Berliner Kunstmacherinnen, wollte dies ändern und initiierte ein Hörstück, das zum 60. Todestags Elsers am Sonnabend seine Uraufführung im Saalbau Neukölln erlebte und von 15 freien Radiosendern übertragen wurde. Die geschickte Werbestrategie - Tausende von Plakaten, Aufklebern und Postkarten mit dem Schriftzug »elser« waren in Berlin verteilt worden - hatte sich rentiert: Trotz des späten Beginns der Veranstaltung um 22 Uhr war der Saal fast voll. Auf jegliche optische Ablenkung wurde verzichtet, lediglich ein langer Tisch stand auf der Bühne. Dahinter hatten die vier Vortragenden (Liane Düsterhöft, Hans-Jürgen Pabst, Frank Siebers, Torsten Spohn) Platz genommen. Aus Daten, Zitaten und Tagebuch-Auszügen der Mutter wurde versucht, Leben und Denken von Elser zu rekonstruieren - von seiner Jugend im württembergischen Königsbronn bis zu seiner Erschießung am 9. April 1945 im KZ Dachau. Auch die Auswirkungen der Tat auf seine Familie und das ganze Dorf waren Thema. Aus den Textfragmenten, die teils abwechselnd, teils sich überlagernd gelesen wurden, entstand das Bild eines Mannes, der nach Freiheit und Gerechtigkeit trachtete und sich von Anfang an der Nazi-Propaganda widersetzte. »Ich wollte den Krieg verhindern«, das war sein Motiv für das Attentat, das er ab Herbst 1938 akribisch vorbereitete und das nur scheiterte, weil Hitler den Saal früher als sonst verließ. Elser wurde beim Grenzübertritt in die Schweiz verhaftet und zur Gestapo nach München gebracht. Er gestand die Tat, wurde trotzdem gefoltert, weil niemand glaubte, dass er alleine gehandelt hatte. Nach jahrelanger Isolationshaft, zum Teil im KZ Dachau, wurde er erschossen. Das eindrucksvolle Hörstück von Lou Favorite und Dietmar Elflein erinnert nicht nur an diesen ungewöhnlichen Mann. Es bewegt, rührt, macht wütend und traurig. Zu Entstehung und Ablauf des Pr...

Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.