Werbung

Gestern Kabelwerk, morgen Denkfabrik

Unterwegs in Oberschöneweide: Stadtteilspaziergang entlang der Wilhelminenhofstraße

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 3 Min.
Gestern Kabelwerk, morgen Denkfabrik: Die Industriebauten entlang der Wilhelminenhofstraße in Oberschöneweide haben eine abwechslungsreiche Geschichte und eine spannende Zukunft. Waren dort vor der Wende noch rund 25000 Menschen beschäftigt, sind es inzwischen noch etwa 3000. Heidemarie Mettel vom Quartiersmanagement lud am Sonnabend zum Stadtteilspaziergang über das Areal an der Spree. Sauber glänzen die sandgestrahlten Backsteine in der Sonne. Langgestreckte Gebäude mit großen Fenstern, Schornsteinen und Türmen bestimmen das Bild. »Emil Rathenau ließ 1897 auf dem 92000 Quadratmeter großen Gelände für die AEG das Kabelwerk Oberspree errichten«, sagt Heidemarie Mettel. Als der AEG-Gründer es zwei Jahre zuvor erworben hatte, befanden sich dort Feuchtwiesen. Köpenicker Wäschereien nutzten den Bereich zwischen Wilhelminenhofstraße und dem Wasser als Bleiche. Ein paar ältere Zuhörer nicken, zwei Studentinnen machen sich Notizen. Diana Fisch, die Museumskunde an der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW) studiert, gehört zu den eifrigen Mitschreibern. »Wir bereiten eine Ausstellung zur Geschichte der Wilhelminenhof- straße vor und wollen sie nächstes Jahr im Heimatmuseum präsentieren«, erklärt die junge Frau. Beim Spaziergang läuft sie meistens neben Heidemarie Mettel, um so viel wie möglich über das historische Kabelwerks-Gelände mitzubekommen, in dem bis 1992 produziert wurde. Aus 11 Gebäudekomplexen besteht der Bereich, der im Mittelpunkt des Stadtspaziergangs steht. Dazu gehören die Drahtfabrik mit den markanten Ecktürmen, der nach Plänen von Paul Tropp errichtete erste Verwaltungssitz des KWO und die mit gelbem Außenputz versehene Kantine. Heidemarie Mettel zeigt alte Fotos, auf denen Frauen und Männer getrennt in verschiedenen Räumen ihre Mittagspause verbringen. Dann lotst sie die Teilnehmer in das alte Hauptlager. Es gehört zu den sanierten Gebäuden und erhielt 2000 ein modernes Tonnendach mit der größten integrierten Solaranlage Berlins. Nächstes Jahr zieht dort der Fachbereich Gestaltung der FHTW ein. Bis dahin müssen aber noch einige Schäden beseitigt werden. So sind Fundamente angegriffen und Keller feucht. Weiter geht es in das ehemalige Verwaltungsgebäude mit dem Wasserturm, der den Schriftzug »KWO« trägt. Ursprünglich wurde das Haus für die Automobilproduktion errichtet. Das Kabelwerk setzte diesem Teil 1924 noch zwei Stockwerke auf und brachte die Verwaltung unter. »Auch hier zieht die FHTW ein«, berichtet die Stadtführerin und erklärt das große Modell, das in einem der riesigen Räume steht. Für Horst Wrede, der 40 Jahre lang im benachbarten Transformatoren Werk (TRO) arbeitete ist der Spaziergang mehr als eine Reise in die Vergangenheit. »Man kannte die KWO-Gebäude von weitem, mehr aber nicht«, sagt er. »Allerdings dachte ich, dass die Entwicklung des Geländes schon weiter vorangeschritten ist.« Der Rundgang endet an den Reinbeckhallen zwischen Reinbeck- und Laufener Straße. Die Arbeiten für die »Schauhallen«, in denen ab Ende 2006 zeitgenössische Kunst gezeigt wird, haben begonnen. Noch ist reichlich Fantasie nötig, um sich auch den künftigen Stadtplatz mit Skulpturengarten und Schiffsanleger vorzustellen. Die nächsten Führungen entlang der Wilhelminenhofstraße finden am 10. und 11. September statt. Nähere Infos Tel.: 53012430.
App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal