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Der Oranienplatz kann nur schöner werden

Der Bezirk stellt Mittel bereit, nun sind Anregungen der Anwohner gefragt

  • Brigitte Holm
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Oranienplatz in Kreuzberg war viele Jahre Treffpunkt mehr oder weniger revolutionärer Demos am 1. Mai. In diesem Jahr hat die Versammlungsbehörde die Route nicht genehmigt, doch Spontandemos sind nicht auszuschließen. Zum Verweilen lädt der Platz auch an anderen Tagen im Jahr nicht ein. Die meisten Leute queren ihn nur, er ist von Trampelpfaden durchzogen. Papierkörbe quellen über, Unrat liegt in den Sträuchern und im Brunnen. Das soll sich ändern. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg kann Mittel bereitstellen, um den Platz neu zu gestalten. 100000 Euro in diesem Jahr, wie Stadtrat Franz Schulz auf einer Bürgerversammlung mitteilte. Was gemacht wird, darüber sollen die Anwohner mitentscheiden. Bürgerbeteiligung heißt das Stichwort. Der Bürgerverein Luisenstadt wurde beauftragt, sie zu organisieren. Was ist gut am Platz und den sich anschließenden Promenaden, was ist schlecht, was soll neu geschaffen werden? Das waren die Fragen, auf die Klaus Duntze vom Verein bei der ersten öffentlichen Zusammenkunft orientierte. Zunächst verdeutlichte Bettina Bergande, die ein Gutachten erstellt hatte, die denkmalpflegerische Bedeutung des Areals. Der Oranienplatz geht auf den Stadt- und Gartenplaner Lenné zurück. Dieser entwarf 1842 den Bebauungsplan für das Köpenicker Feld. Zuvor ein unbefestigter Heu- und Strohmarkt, wurde der Platz eine Dominante auf der Achse, die der Luisenstädtische Kanal bis zum Michaelkirchplatz bildete. Später folgten Jahre der Beeinträchtigung durch den U-Bahnbau, auch ein Warenhaus entstand. Krieg und Nachkrieg hinterließen ebenfalls ihre Spuren. Gravierend war der Bau der Mauer. Sie verlief ganz in der Nähe und durchschnitt den Grünzug. In den 80er Jahren wurden die Promenade zwischen Grenze und Oranienplatz und der Platz selbst neu gestaltet. Der östliche Abschnitt erfuhr nach dem Mauerfall eine aufwändige Wiederherstellung. Gleich der erste in der Bürgerversammlung geäußerte Vorschlag offenbarte: Die Wünsche sind irdisch. Ein Pissoir, kostenfrei, wäre dringend nötig. Aber auch Frauen müssen mal. Ein weiteres Aber: 90 Prozent derer, die irgendwohin pinkeln, sind vermutlich Männer. Sie verbringen den Tag mit Alkohol auf den Bänken. Erst wenn sie sich gegen Abend zurückziehen, kommen vor allem türkische Familien. Mehrfach wurde betont: Der Platz ist so groß, dass er Raum für alle bietet. Mehr und bessere Müllbehälter, die auch die Dohlen nicht leer räumen können, mehr Bänke und die so aufgestellt, dass sie die Kommunikation fördern, befestigte Trampelpfade. Über diese Wünsche herrschte Einigkeit. Über Trödelmärkte und Konzerte gingen die Meinungen auseinander. Beim Thema Sichtachse schieden sich die Geister. Um sie wiederherzustellen, müssten Bäume entfernt werden. Ohne Widerspruch blieben die Äußerungen zur Pflege. »Verwahrlosung verursacht Verwahrlosung«, sagte ein Anwohner. Ein gepflegter Platz würde einen sorgsamen Umgang nach sich ziehen. Wenn sich das durchsetzt, wäre es eine kleine Revolution. Am 15. Juni soll die nächste Bürgerversammlung stattfinden. Dann will eine Arbeitsgruppe einen Entwurf zur Neugestaltung vorlegen. Bürgerverein Luisenstadt, Michaelkirchstraße 7, 10179, Tel./Fax 2795408, Dr. Klaus Duntze Tel. 32605985
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