Ohrfeigen, wenns nötig war

Ex-Lehrerin Loki Schmidt entdeckt die Vorteile von leichten Schlägen wieder

  • Susann Witt-Stahl
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.
Sie war immer da, wenn ihre Schüler sie brauchten: »Sie haben mich respektiert und gemocht.« Mit einigen Kindern hat sie sogar vor dem Unterricht »geknuddelt«, wenn die Kleinen es gewollt hätten, erinnert sich Loki Schmidt. Die Generation der 68er habe viel kaputt gemacht in der Erziehung. Antiautoritär erzogene Schüler hätten »später schmerzhaft begreifen müssen, was es heißt, sich anzupassen«. Die Ehefrau von Altkanzler Helmut Schmidt hingehen bot den Kindern schon früh Gelegenheit, schmerzhafte Erfahrungen zu machen: »Meine Volksschüler bekamen auch mal eine Ohrfeige, wenns nötig war«, bekannte sie unlängst freimütig in einem Interview mit der »BILD«-Zeitung. Die selbstbewusste Seniorin steht dazu, dass sie ab und zu hingelangt hat: Die Kinder habe das nicht gestört, weiß die Pädagogin. Jedenfalls habe sie nie eine Beschwerde bekommen. Gegenwind bekam die handgreifliche Hanseatin von diversen Kinderpsychologen, GEW-Chef Bernd Schauer und dem Vorsitzenden des Deutschen Lehrerverbands Josef Kraus: »Mein Respekt für Loki Schmidt, aber Ohrfeigen sind in der Schule nicht mehr zeitgemäß.« Ausgelöst worden war der Ohrfeigen-Streit durch Loki Schmidts jüngst veröffentlichtes Buch »Mein Leben für die Schule«. In einem auf 300 Seiten dokumentierten Gespräch mit dem Erziehungswissenschafter Reiner Lehberger lässt sie ihr Leben vom Aufwachsen in der Großfamilie, ihre Grundschulzeit in einer Reformschule der Weimarer Republik, die Studienjahre im Nationalsozialismus und ihre 29-jährige Berufstätigkeit als Lehrerin Revue passieren. Sie mischt sich aber auch in die aktuelle Bildungsdebatte ein. Die begeisterte Botanikerin spricht über das PISA-Debakel, die Vor- und Nachteile der Gesamtschule, das Verhältnis von Theorie und Praxis im Unterricht sowie über Fragen der Disziplin und Bestrafung. Und sie äußert schließlich Verständnis für kontrollierte und wohl dosierte Formen körperlicher Züchtigung. Ausführlich sollte Loki Schmidt schließlich während eines Gastauftritts beim abendlichen ARD-Talk mit Reinhold Beckmann die Vorzüge eines »Backs oder Knuffs« gegenüber »hundert Worten, die viel stärker verletzen können«, anpreisen. Nachdem der Talkmaster versucht hatte, das Publikum mit der Information milde zu stimmen, dass ein »Backs« schließlich nichts weiter als »ein kleiner zärtlicher Klapps« sei, beschwichtigte Frau Schmidt: Ohrfeigen habe sie schließlich nur gegeben, »wenn eins der Kinder die Regeln, die wir gemeinsam aufgestellt hatten, immer wieder durchbrochen hat«. Außerdem sei das immer »sehr niedlich« anzusehen gewesen: »Nach dem Klaps, Kopf gesenkt, dann seitlich hochgeschielt, bis wir uns anguckten. Dann haben wir uns meistens angelächelt.« Und schon sei die Sache aus der Welt gewesen. Sie selbst habe als Schülerin die frechen Jungs in ihrer Klasse »gnadenlos verprügelt« und sich damit den Spitznamen »Schmeling« eingehandelt. Auch ehemalige Schüler der schlagfertigen Pensionärin kamen zu Wort. Vor lauter Lob für die »tolle Lehrerin« wäre die vorsichtig formulierte Kritik fast untergegangen: »Wir mussten so leise sein, dass wir hörten, wenn Frau Schmidt eine Stecknadel fallen ließ.« Die frühere schleswig-holsteinische Jugendministerin Anne Lütkes will kein Verständnis für Loki Schmidts »Backse« aufbringen und plädiert für eine konsequente Ächtung von »Schlägen, Ohrfeigen oder sonstiger Gewalt in der Erziehung«. Ihrer Forderung verleiht Lütkes mit dem Hinweis auf gesellschaftliche Spätfolgen Nachdruck: Alle bisher vorgenommenen Untersuchungen hätten gezeigt, dass in der Kindheit erfahrene Gewalt sich im Erwachsenenalter fortsetze und potenziere. Zumindest in Hinblick auf die starke Neigung einiger Politiker aus dem CSU-lastigen Unterstützerkreis der »Backs-und-Knuff«-Pädagogik zum autoritären Charakter - der nach 1945 möglicherweise voreilig für ausgestorben erklärt worden war - stimmt Lütkes Argument nachdenklich. »Ich habe von meinem Vater auch öfter mal eine Ohrfeige bekommen. Das hat mir nicht geschadet«, ist sich der CSU-Bun...

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