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Alter Adel
Ernst-Jörg von Studnitz, Botschafter a.D. und Blaublut von Berufs wegen
Ein Name bestimmt immer wieder die Schlagzeilen um die Visa-Affäre. Der von Ernst-Jörg von Studnitz, von 1995 bis 2002 deutscher Botschafter in Moskau. Ein alter slawischer Name, der soviel wie »Brunnen« bedeutet. Des Botschafters Kritik an seinem Dienstherrn scheint erstaunlich, gemessen am Selbstverständnis von Diplomaten im allgemeinen. Was von Studnitz im Besonderen betrifft, scheint sie weniger erstaunlich, da mochte man zeitweise gar das Wort vom Brunnenvergifter nicht ganz unpassend finden.
Von ihm stammt der Satz, mit dem Erlass habe die politische Leitung des Außenamts »grüne Ideologie in praktische Politik umzusetzen« versucht. Von Studnitz ist 68 Jahre alt, pensioniert und hat von seinem einstigen Dienstherrn nun nichts mehr zu befürchten. Doch das allein als Grund seiner öffentlichen Renitenz widerspräche wohl gänzlich seinem Ehrbegriff. Vor allem sein Selbstverständnis als Widerspruchsgeist (in dubio pro libertate) und Konservativer dürfte ihm die Zunge führen. Als ihm der »Volmer«-Erlass vom einstigen Namensgeber in Moskau präsentiert wurde, bestand er darauf, dessen Anliegen längst umzusetzen. Als das Papier dann Weisungscharakter annahm, setzte er es »nicht dem Buchstaben nach« um, wie er vor dem Visa-Ausschuss betonte.
Einem alten Adelsgeschlecht entstammend, das stolz auf seine nicht immer friedvolle Vergangenheit zurückblickt, haben die von Studnitz immer laut für ihre Ansichten gestritten, jedenfalls die bekannten. Einer von ihnen soll bei Tannenberg im Jahr 1410 noch an der Seite der Polen gegen den Deutschen Ritterorden gekämpft (und gesiegt) haben. Auch Ernst-Jörg von Studnitz ist wenig zimperlich, was seine verbalen Schwerthiebe angeht. Aus einem Interview in Moskau wurde weiland seine Behauptung zitiert, die Stasi sei es gewesen, die die ersten Neonazi-Gruppe in der Bundesrepublik installierte und damit deren Netz knüpfte. Der Mann ist zugleich unberechenbar ohne Ansehen der Person. Die Union, die sich so auf seine Aussage gefreut hatte, mühte sich vergeblich, ihn vor dem Ausschuss zur Wiederholung seiner Vorwürfe zu bewegen. Nur dass der Erlass »Missverständnisse« ausgelöst habe, war er noch bereit auszusagen. Dafür kritisierte er Mi...
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