Als Nebenkläger Rechte und Interessen selbstständig geltend machen

Teil 1

Im Ratgeber vom 20. Oktober 2004 wurde an dieser Stelle über das Opferrechtsreformgesetz berichtet, das am 1. September 2004 in Kraft getreten war. Es verbessert die Rechte und die Rechtsstellung des Verletzten, auch durch Verstärkung seiner Rechte als Nebenkläger. Nach überschaubarer Erfahrung nutzen Verletzte, Opfer von Straftaten die rechtlichen Möglichkeiten als Nebenkläger allerdings noch zu wenig. Deshalb soll über die Nebenklage Näheres erläutert werden. Die Nebenklage ist das Recht eines Verletzten - bei bestimmten, im Gesetz bezeichneten Straftaten - neben dem Staatsanwalt als Nebenkläger in die Strafverfolgung einzutreten, um seine Rechte und Interessen selbstständig geltend zu machen. (§ 395 ff. StPO). Die Nebenklage ist weitgehend an die Privatklage (§374ff. StPO) angelehnt. Der Privatkläger kann - er muss allerdings die Gerichtskosten vorschießen - bei bestimmten, im Gesetz aufgeführten Straftaten selbstständig Klage erheben und diese selbst vor Gericht vertreten, ohne dass ein Staatsanwalt Anklage erhebt. Privatklage ist zulässig bei Hausfriedensbruch (§ 123 StGB); Beleidigung (§§ 185 bis 189 StGB), wenn sie nicht gegen eine der in § 194 Abs.4 StGB genannten politischen Körperschaften, ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes oder eine andere politische Körperschaft gerichtet ist; denn Beleidigungen dieser Körperschaften oder ihrer Mitglieder werden nur mit deren Ermächtigung verfolgt; Verletzung des Briefgeheimnisses (§ 202 StGB), Körperverletzung, und zwar einfache und fahrlässige (§§223 und 229 StGB - diese Körperverletzungen werden nur auf Antrag verfolgt, so weit nicht die Staatsanwaltschaft besonderes öffentliches Interesse bekundet); Bedrohung (§ 241StGB); Bestechlichkeit oder Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB - die Bestechung von Beamten ist selbstverständlich ein Offizialdelikt und einer Privatklage nicht zugänglich); Sachbeschädigung (§ 303 StGB); Straftaten nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb, nach dem Patentgesetz, dem Gebrauchsmustergesetz, dem Halbleiterschutzgesetz, dem Sortenschutzgesetz, dem Markengesetz, dem Urhebergesetz und dem Geschmacksmustergesetz. Bei diesen »privatklagefähigen« Delikten erhebt die Staatsanwaltschaft nur bei öffentlichem Interesse Anklage. Wenn sie keine Anklage erhebt, kann der Privatkläger - auf seine Rechnung und bei Vorschießen der Gerichtskosten - Klage erheben. Bei bestimmten Delikten, so Hausfriedensbruch, Beleidigung, Verletzung des Briefgeheimnisses, Körperverletzung, Bedrohung und Sachbeschädigung - also in aller Regel bei Delikten, die aus Nachbarschaftsstreitigkeiten resultierten, - ist die Erhebung der Privatklage erst zulässig, nachdem ein Sühneversuch vor Vergleichsbehörden, üblicherweise vor dem Schiedsmann, erfolglos blieb. Über diese Erfolglosigkeit eines Sühneversuches bekommt der an der Privatklage Interessierte eine vom Schiedsmann ausgestellte Bescheinigung, die er seiner Privatklage beifügen muss, um die Erfolglosigkeit des Sühneversuches gegenüber dem Gericht nachzuweisen. Das weitere Verfahren ist ähnlich wie ein normales Strafverfahren. In der DDR gab es die Privatklage und das entsprechende Verfahren nicht. Es wurde davon ausgegangen, dass derartige Bagatelldelikte, so weit sie aus Streitigkeiten zwischen den Bürgern resultierten, vor den Gesellschaftlichen Gerichten, vornehmlich vor den Schiedskommissionen, erledigt werden. Als Nebenkläger kann der Verletzte sich der öffentlichen Klage, die der Staatsanwalt erhebt, anschließen. Der Nebenkläger tritt somit - anders als der Privatkläger - neben den Staatsanwalt und wirkt neben diesem. Durch die Nebenklage kann das Opfer solcher Straftaten selbst die erstrebte Genugtuung herbeiführen. Außerdem vermag er als Nebenkläger eine gewisse Kontrollfunktion gegenüber dem Staatsanwalt zu bewirken. Oft dient die Nebenklage auch der Vorbereitung einer Zivilklage wegen Schadensersatz und Schmerzensgeld - soweit diese Ansprüche nicht im Wege des Adhäsionsverfahrens durchgesetzt werden können. (Siehe Ratgeber vom 16. März 2005.) Die Straftaten, bei denen Nebenklage gemäß §399 StPO zulässig ist, gehen über die oben aufgezählten »privatklagefähigen« Delikte hinaus. Außerdem ist durch eine besondere Formulierung zum Ausdruck gebracht, dass die Nebenklage auch dann zulässig ist, wenn der Straftäter nicht schuldfähig ist und nicht bestraft, sondern »nur« in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden kann. Im Gesetz ist deshalb nicht von einer Straftat, die mit Strafe geahndet wird, s...

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