Werbung

Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Von Grundstücksschenkung, »Modrow-Kauf« und Wegerecht

  • Lesedauer: 5 Min.

- am 27. Juni 1990 mit notariellem Kaufvertrag erworben. Darin ist ein Vorkaufsrecht des Magistrats festgeschrieben. Im September 1993 erhielten wir die Mitteilung über die Eintragung ins Grundbuch. Im März 1995 wurde ein Amtswiderspruch eingetragen. Wegen der unzulässigen Vereinbarung des Vorkaufsrecht sei der Vertrag insgesamt nichtig. Gibt es Regelungen, die unseren Weg durch die Instanzen zu einem glücklichen Ende führen?

Kurt W., 13053 Berlin

Es handelt sich hier um eine »Berliner Spezialität«! In einer bestimmten Phase der Grundstücksverkäufe auf Grundlage des Verkaufsgesetzes vom 7. März 1990 (»Modrow-Gesetz«) wurde der Abschluß davon abhängig gemacht, daß als Punkt 2 a in das allgemein verwandte Kaufvertragsformular ein Vorkaufsrecht für den Magistrat zu den Bedingungen des abgeschlossenen Vertrages aufgenommen wurde.

Die Lage ist unverändert so, wie Sie sie in Ihrer Anfrage schildern. Das Berliner Kammergericht vertritt die Meinung, daß mit dieser Klausel abgeschlossene Verträge insgesamt nichtig seien, da so formulierte Vorkaufsrechte nach dem Recht der DDR nicht zulässig gewesen wären.

Das Land Berlin verhält sich im Einklang mit dieser Rechtsprechung und betreibt die Eintragung von Amtswidersprüchen. Mir ist nicht bekannt, daß der Bundesgerichtshof schon Gelegenheit hatte, sich zu dieser Frage zu äu-ßern. Im Instanzenzug der Grundbuchbeschwerde und der weiteren Beschwerde wird immer nur das Kammergericht erreicht. Wenn die Lage auch so ist - die Auffassung des KG ist keineswegs unbestritten, besonders ausführlich äußerte sich dazu Prof. Dr. Marianne Andrae in »Neue Justiz« 1994, S. 251.

Insbesondere fällt natürlich auch hier auf, daß in der Auseinandersetzung um die Anwendung des ungeliebten Verkaufsgesetzes immer die für die Nutzer negativste Variante

Platz greift. Nach der herkömmlichen Rechtspraxis der bundesdeutschen Gerichte wäre es auch durchaus möglich gewesen, eine grundsätzlich vertragserhaltende Auslegung vorzunehmen. Man hätte die Vereinbarung des Vorkaufsrechts allein als nichtig ansehen können, nicht unbedingt den ganzen Vertrag zu Fall bringen müssen, bzw. man hätte zu einer Anpassung des Vertrages an den als zulässig angesehenen Rechtszustand kommen können und m. E. müssen.

Wir bewohnen ein selbstgebautes Eigenheim in Kleinmachnow. Uns wurde nicht gestattet, das Grundstück nach dem sogenannten Modrow-Gesetz dazuzukaufen. Wir sind aber auch nicht in der Lage, es nach Sachenrechtsbereinigungsgesetz zum halben Verkehrswert zu erwerben. Gibt es gesetzliche Regelungen, den Kauf des Grundstücks zu den Bedingungen von 1990 nachzuholen. Kann uns die Gemeinde im Kaufpreis entgegenkommen?

Andreas L, 14532 Kleinmachnow

Ich muß Sie insoweit enttäuschen, als es keine generellen Regelungen gibt. Ganz im Gegenteil: Auch insoweit bis zum 3. Oktober 1990 Verträge auf der Grundlage des Verkaufsgesetzes abgeschlossen wurden, haben Gerichte und Behörden in vielen Fällen die Auffassung vertreten, daß die vereinbarten, dem DDR-Recht entsprechenden niedrigen Preise die Verträge insgesamt nichtig gemacht haben.

Eine besondere Situation besteht insofern im Land Berlin. Das Abgeordnetenhaus hat sich dafür entschieden, bei nachweisbarer schriftlicher Anbahnung des Kaufs gegenüber dem Magistrat bzw. den Stadtbezirken und entsprechender preislicher Bestätigung sowie durch das Liegenschaftswesen bzw. sogar bei Vorhandensein eines privatschriftlichen (nicht beurkundeten) Kaufvertrages eine Nachbeurkundung zum damaligen Preis vorzunehmen.

Es werden aber bestimmte Klauseln in den Vertrag aufgenommen, die eine Spekulation ausschließen sollen.

Es hat nicht an Anregungen gefehlt, diese Berliner Regelung im Land Brandenburg zu übernehmen - eine solche Übernahme ist jedoch nicht erfolgt.

Wir besitzen ein Grundstück, das seit 1930 im Grundbuch als Baugrundstück eingetragen ist. Im neuen Bebauungsplan der Gemeinde ist es als Wald ausgewiesen. Kann die Gemeinde eine Grundbucheintragung negieren?

Helga K, 14621 Schönwalde

Es bedarf hier bestimmter notwendiger Unterscheidungen. Anliegen des Grundbuchs .ist es, für die berechtigte Öffentlichkeit zu dokumentieren, welche Bodenflächen ein Grundstück im Sinne des Rechts bilden, wie groß es ist, ob es sich um eine Land- oder Wasserfläche handelt, wie es zum Zeitpunkt der Eintragung genutzt wird, wem es gehört, welche Belastungen auf dem Grundstück liegen usw.

Alle so in einem Grundbuch enthaltenen Grundstücke unterliegen gegebenenfalls jedoch der Bauleitplanung durch die Gemeinden, d. h. Flächennutzungspläne und verbindlich dann Bebauungspläne können aufgestellt werden (grundsätzlich im Baugesetzbuch -BauGB - und in Nachfolgeregelungen bestimmt).

In der Baunutzungsverordnung ist im einzelnen geregelt, welche Unterscheidungen beachtet werden müssen, z. B. reine Wohngebiete, Mischgebiete, Gewerbegebiete, Sondergebiete, die der Erholung dienen usw.

Zugleich ist jeweils festgelegt, welche Differenzierungen zulässig sind, z. B. Wochenendhäuser als Einzelhäuser oder als Hausgruppen.

In den Baufeitplänen werden somit Festlegungen zur möglichen baulichen Nutzung der im jeweiligen Territorium liegenden Grundstücke getroffen. Dabei kann es natürlich nicht ausbleiben,

daß sich Veränderungen ergeben, z. B. bisher nicht oder beschränkt bebaubare Grundstücke werden jetzt bebaubar und natürlich auch umgekehrt: Bisher bebaubare Grundstücke dürfen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt bebaut werden.

In einem umfangreichen Verfahren vollzieht sich die Aufstellung bzw. Veränderung der Bauleitpläne, wobei die Beschlüsse über die Aufstellung bekanntzugeben und die Entwürfe auszulegen sind. Betroffene Bürger haben die Möglichkeit, entsprechende Anregungen vorzubringen.

Daher ist es durchaus vorstellbar, daß hinsichtlich Ihres Grundstücks jetzt Veränderungen eingetreten sind. Sie verpflichten natürlich nicht zum Abriß vorhandener Baulichkeiten, können jedoch Beschränkungen für die weitere Bebauung mit sich bringen.

Unser Grundstück ist nur über einen Privatweg zu erreichen. Nach einem Vergleich mit dem Wegeeigentümer ist uns die uneingeschränkte Nutzung bei Zahlung der vereinbarten Notwegerente gesichert, eingetragen als Grunddienstbarkeit im Grundbuch. Der Eigentümer bepflanzt seit Jahren den Wegrand mit Obstgehölzen, was zunehmend behindert. Können wir die restlose Beseitigung der Anpflanzungen auf dem Zufahrtweg fordern?

Rudolf B., 02826 Görlitz

Nach der Schilderung des Sachverhalts geht es weniger um eine Materie, die in Nachbarrechtsgesetzen zu regeln wäre. Vielmehr geht es darum, daß Ihr Nachbar die Verpflichtungen einhält, die sich aus dem mit ihm geschlossenen gerichtlichen Vergleich sowie aus der eingetragenen Grunddienstbarkeit ergeben. Demnach hat er alles zu unterlassen, was ein Begehen bzw. Befahren im , vereinbarten Umfang beoder sogar verhindert. Sie haben ihm gegenüber einen Anspruch, den Aufwuchs nur in dem Zustand zu halten, der Sie nicht behindert.

Keine Notwendigkeit sehe ich jedoch dafür, daß Sie eine Bepflanzung ganz“ verhindern wollen - sicherlich kommt es hier auf die örtlichen Bedingungen und insbesondere die Breite der Zufahrt an.

Rechtsanwalt Prof. Dr. JOACHIM GÖHRING

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal