Deutscher, Jude und Kommunist

Ehrung eines Unbequemen

Kurt Julius Goldstein, Ehrenpräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees, erhält heute in Berlin das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Er hat Zwangsarbeit in der Kohlegrube Jawischowitz, den SS-Terror im Lager und beim Todesmarsch nach Buchenwald überlebt. Bewegend schilderte er in der Gedenkfeier zum 60. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, wie die Befreier diese Todesfabrik vorfanden, das barbarische Unterdrückungssystem der SS, das dennoch Solidarität und Widerstand der Häftlinge nicht brechen konnte. Danach verbeugte sich der Bundeskanzler vor Kurt Julius Goldstein. Seit jenem 25. Januar 2005 hat der 90-Jährige bei 70, 80 weiteren Veranstaltungen in 42 Orten gesprochen. Grund genug, einen »der letzten lebenden und sich aktiv einbringenden Zeitzeugen des größten Verbrechens der deutschen Geschichte« zu ehren, wie es in der Begründung heißt. Und dennoch ungewöhnlich. »Ich war völlig überrascht«, bekennt Goldstein. Weil er jedem über sich sagt: »Ich bin Deutscher, Jude und Kommunist.« So hat der Sohn einer wohlhabenden Dortmunder Kaufmannsfamilie gelebt, seit ihn Max Reimann, später KDP-Vorsitzender in der BRD, 1928 im westfälischen Hamm als ersten Oberrealschüler in den Kommunistischen Jugendverband aufnahm. Deshalb musste er 1933 aus Deutschland fliehen, deshalb ging er 1936 von Palästina als Interbrigadist nach Spanien, wurde in Frankreich interniert, nach Auschwitz deportiert. Ende 1945 gründete Kurt Goldstein in Thüringen die FDJ. In seiner westdeutschen Heimat wurde er 1. Sekretär der FDJ. Beim Deutschlandtreffen 1950 in Berlin traf er seine Frau, blieb, arbeite im ZK der SED, war Redakteur, Chefredakteur und Intendant beim Deutschlandsender, der »Stimme der DDR« wurde. Unbequem war Kurt Goldstein immer. Womöglich steht er als Ehrenvorsitzender der VVN-BdA noch heute unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Ihm ist anderes wichtig. In Buchenwald schwor er, »eine Welt des Friedens und der Freiheit zu schaffen«. In den 70er Jahren half er, die faktische Spaltung des Internationalen Auschwitz-Komitees zu überwinden. Als sein Repräsentant er ist heute in aller Welt willkommen. Wie bei der PDS in Nordrhein-Westfalen, der er jetzt im Wahlkampf half. »Sie ist doch noch immer meine Partei«, sagt er, »auch wenn ...

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