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Zirkusdirektor

  • Lesedauer: 2 Min.

Berme Ecclestone (67)

Formel 1-Besitzer. »Ich ärgere mich nicht, wenn meine Pläne nicht funktionieren. Ich bringe sie zum Funktionieren.«

Foto: Reuters

Daß der sportlich ansonsten eher abstinenten Überregionalen mit dem Untertitel Wirtschafts- und Finanzzeitung im Kopf gestern die Formel 1 von Hockenheim gleich eine halbe Seite wert war, kam nicht von ungefähr. Wenngleich es längst eine Dominanz von Wirtschaft und

Finanzen im elitären Sport gibt - solche Rennen sind dafür (auch) als anlageanregendes Exempel immer noch das Nonplusultra.

So vordergründig in Fällen von Milliarden-Unternehmungen dieser Größenordnung in bestimmten Medien gern Imagewerbung betrieben wird, so hintergründig bleiben oft die, denen tatsächlich alles gehört. Am Wochenende war er nun mal wieder kurz im Fernsehen - der Mann, den man den Besitzer des Weltkonzerns Formel 1 nennen kann, der Brite Charles Bernard (»Bernie«) Ecclestone.

Möglicherweise hat manch anderer aus der internationalen Creme persönlicher Hauptaktionäre und -geseÜschafter in ihm lange einen windigen Emporkömmling gesehen. Damit dürfte es aber spätestens in diesem Frühjahr vorbei gewesen sein. Da nämlich kündigte Ecclestone an, seine Formula One Administration mit etwa 6,8 Milliarden Mark an der Börse zu plazieren.

Damit nähert sich der einstige Gebrauchtwagenhändler, der 1971 begann, den damals spleenigen, engen Rennzirkel zu einem globalen Profitcenter umzumo-

deln, dem vorläufigen Höhepunkt von Macht und Einfluß. Ohne ihn dreht sich kein Rad - und schon gar nicht ohne, daß er daran verdient. Wieviel? Nun, wenn Formel 1-Pilot Michael Schumacher in den nächsten vier Jahren 200 Millionen Mark bekommen soll, so ist das zwar ein Spitzeneinkommen, aber im Zirkus insgesamt auch nur ein Angestelltengehalt.

Daß mit dem schnellen Im-Kreis-Fahren von Automobilen so viel Geld zu machen ist, liegt übrigens erst sekundär daran, daß heute das Fernsehen den weltweiten Imagetransfer von Zigarettenmarken garantiert. Primär liegt es an der Affinität von Massen für solcherart von Sport. Warum das funktioniert, hat unter anderem Victor Klemperer in seiner LTI recht einleuchtend skizziert.

Wobei Ecclestone, nach dem Wenigen, was überhaupt von ihm öffentlich ist, kaum ein Demagoge sein dürfte. Er pflegt vielmehr ein Spieler-Image. »Freunde? Was ist das?«, fragt er pokersalonmäßig. Und verschwindet wieder für Monate aus den Medien. Michael Müller

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