Girokonto: Erstmals bietet Bank ein spezielles Konto für Schuldner an

Banken und Sparkassen haben sich mit der so genannten ZKA- Erklärung verpflichtet, möglichst jedem Menschen die Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr zu ermöglichen. Voraussetzung dafür ist ein Girokonto. In der Praxis wird diese Selbstverpflichtung jedoch mangelhaft erfüllt, eine halbe Million Menschen in Deutschland leben ohne Girokonto. Für die Betroffenen beginnt damit ein Teufelskreis: Wer kein Girokonto hat, bekommt massive Probleme bei der Suche nach einer Arbeit und Wohnung oder beim Bezug von Sozialhilfe. Erstmals bietet jetzt eine Bank ein spezielles Konto für Schuldner an. Armut und Girokonto vertragen sich schlecht miteinander, jedenfalls, wenn es nach den Vorstellungen einiger Kreditinstitute geht. Viele Menschen müssen daher ohne dieses finanzielle Lebensmittel klar kommen. Verbraucherschützer ärgern sich über diese Verweigerungshaltung der Geldwirtschaft und rufen nach dem Gesetzgeber. Erstmals 1995 hatten private und genossenschaftliche Banken sowie die Sparkassen in ihrem Zentralen Kreditausschuss (ZKA) eine Empfehlung beschlossen, wonach jedem Verbraucher ein Girokonto, zumindest auf Guthabenbasis, eröffnet werden soll. In der Praxis blieb die freiwillige Selbstverpflichtung der Branche allerdings bis heute widersprüchlich. Nach den Erfahrungen der Verbraucherzentralen und Schuldnerberatungsstellen ist ein störungsfreier Zugang zu einem Girokonto noch immer nicht zufrieden stellend gewährleistet. So hatte die Arbeitsgemeinschaft »Schuldnerberatung der Verbände« stichprobenartig über zweitausend Fälle erfasst, in denen der Zugang verwehrt blieb. Etwa 90 Prozent der Kontenverweigerung seien unberechtigt. Auf Ablehnung stoßen bei den Geldhäusern vor allem überschuldete Haushalte, von denen es in Deutschland mittlerweile drei Millionen an der Zahl gibt. »Wir unterstützen die freiwillige Selbstverpflichtung«, kontert die Kreditwirtschaft solche Angriffe. Der Zugang zum Girokonto funktioniere und Schwierigkeiten gebe es nur in Einzelfällen. Jeder Person werde grundsätzlich auf Wunsch ein Girokonto zur Verfügung gestellt, heißt es beim Bundesverband deutscher Banken (BdB), das zumindest die Entgegennahme von Gutschriften, Bareinzahlungen und Auszahlungen sowie die Teilnahme am Überweisungsverkehr ermöglicht. Aber eine Einschränkung macht auch der Bankenverband, wenn »nicht im Einzelfall schwerwiegende Gründe dagegen sprechen«. Notfalls könnten sich abgewiesene Kunden an den Ombudsmann wenden, dessen Beschlüsse selbst für CitiBank oder Deutsche Bank bindend seien. Der Kunde schreibt an die Kundenbeschwerdestelle beim Bundesverband deutscher Banken, Postfach 04 03 07, 10062 Berlin. Der Kunde schildert kurz den Sachverhalt und fügt Kopien der notwendigen Unterlagen bei. Er versichert, dass er in der Streitigkeit noch kein Gericht, keine Streitschlichtungsstelle und keine Gütestelle, die Streitbeilegung betreibt, angerufen oder auch keinen außergerichtlichen Vergleich mit der Bank abgeschlossen hat. Ein Formular kann auch aus dem Internet herunter geladen werden (www.bdb.de) Im Alltag wird die Verweigerung eines Girokontos von Banken häufig mit einer negativen Schufa-Auskunft begründet. Auch dies verstößt gegen die ZKA-Erklärung der Finanzbranche. Bei der Einrichtung eines reinen Guthabenkontos ist der Rückgriff auf die Schufa nach Auffassung des Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) sogar generell unzulässig. Die manchmal standardisierten Ablehnungsschreiben seien zudem dreist und ein Beleg dafür, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, und einige Banken die Empfehlung des ZKA sogar bewusst missachten, so die Verbraucherschutzorganisation. Daher sei der Gesetzgeber gefordert, das Recht auf ein Girokonto rechtlich zu verankern, wie es in Frankreich und Belgien der Fall ist. Derzeit wird im Bundestag eine Debatte zum Thema geführt. Auch einige Sparkassengesetze in den Bundesländern schreiben schon das Girokonto für jedermann vor. Ansonsten haben überschuldete Zeitgenossen mit Sparkassen weniger Probleme als mit privaten Banken. Allerdings weigern sich die staatlichen Sparkassen, die private Konkurrenz zu subventionieren, in dem sie unliebsame, weil wenig profitable Kunden übernehmen. Bis zu einer allgemeinen Lösung empfiehlt der Kontenexperte Hartmut Strube den Gang in die Verbraucherzentralen. »Wir können meistens helfen«, denn Banken scheuen den öffentlichen Streit um das Girokonto für jedermann. Erstmals bietet jetzt eine Bank in der Bundesrepublik ein Konto an, dass speziell auf Schuldner zugeschnitten ist. Seit dem 18. Mai 2005 ist das »MikroKonto« der Ethik-Bank auf dem Markt. Dieses Konto ist für solche Schuldner bestimmt, die ihre finanziellen Probleme durch eine Privatinsolvenz oder eine außergerichtliche Schuldenregulierung mit den Gläubigern lösen wollen. Das Mikro-Konto wird online und ausschließlich im Guthaben geführt. Das Konto wird, laut Ethik-Bank, zum Selbstkostenpreis angeboten. In den 7,50 Euro monatlich sind alle Transaktionen enthalten. Überweisungen, Daueraufträge, Bargeldabhebungen, Kontoauszüge. Die Bargeldversorgung ist mit der Service-Card kostenfrei an den mehr als 17300 Geldautomaten der Volksbanken und Raiffeisenbanken möglich. Kontoauszüge können wahlweise online oder an einem Auszugsdrucker der Volksbanken und Raiffeisenbanken abgeholt werden. Kreditkarten, Dispokredite oder bargeldloses Einkaufen sind nicht vorgesehen. »Mit dem Mikro-Konto geben wir betroffenen eine zweite Chance, denn ein Leben ohne Girokonto bedeutet heute, vom gesellschaftlichen Leben abgeschnitten zu sein«, so Klaus Euler, Vorstandsvorsitzender der Ethik-Bank. Die Bank für »ethische « und »ökologische« Geldanlagen hat sich damit für eine Zielgruppe entschieden, die von anderen Kreditinstituten zunehmend an den Rand gedrängt wird. »Natürlich kennen wir die Probleme, die mit der Kontoführung für Schuldner entstehen«, so Sylke Schröder von der Ethik- Bank. Die Kontoführung sei sehr arbeitsaufwendig und damit teuer. Hinzu komme, dass Menschen mit finanziellen Problemen »häufig die Schotten dicht machen« und den Kontakt zur Bank meiden. Trotzdem biete man eine Lösung für ein wachsendes gesellschaftliches Problem an und formuliere eine klare Erwartung: »Wer sich nicht an die Spielregeln hält, hat seine zweite Chance verspielt.« In diesem Fall werde das Girokonto gekündigt, so Frau Schröder, das Mikro-Konto wende sich an Schuldner, die den Vertrauensvorschuss der Ethik-Bank nicht enttäuschen würden. Die Kontoeröffnung erfolgt auf dem Postweg. Interessenten können sich die Unterlagen im Internet ausdrucken oder bei der Bank anfordern. Die Ethik-Bank ist eine Direktbank für ethisch und ökologische Geldanlagen, die im Jahr 20...

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