»Genau so war es!«

Ein DDR-Fußball-Arzt erinnert sich

  • Peter Salzmann
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.
Der Dresdner Orthopäde Dr. med. Wolfgang Klein (geb. 1942) hat lange den mehrfachen Fußball-DDR-Meister- und Pokalsieger Dynamo Dresden sowie die DDR-Nationalmannschaft betreut - und jetzt über diese 20 Jahre ein Buch geschrieben. Er war in dieser Zeit als Mediziner Vertrauter von Spielern, Trainern, Funktionären, Journalisten und Fachkollegen. Trainer Eduard Geyer, dessen Laufbahn ebenfalls untrennbar mit Dynamo Dresden und der DDR-Nationalmannschaft verbunden war, vermerkt im Vorwort: »Endlich schreibt mal einer, der tatsächlich hautnah dabei war. Diese vielen Anekdoten, Reiseberichte, Erinnerungen. Genau so war es!« Reinhard Häfner, 58 DDR-Länderspiele, Kapitän von Dynamo Dresden, später Trainer, ergänzt: »Das Buch wird sicher ein großes Interesse der Fußballfreunde finden«. Womit er Recht behalten könnte. Ein ganzes Kapitel ist dem Dynamo-Meistertrainer Walter Fritzsch gewidmet, dem »Schlitzohr aus dem Erzgebirge«. Zu den nachhaltigen Erlebnissen Kleins zählen zweifelsfrei die Abschiedstournee der DDR-Nationalmannschaft nach Südamerika mit dem 3:3-Spiel gegen Brasilien im Maracana-Stadion und das letzte Spiel in der DDR-Fußballgeschichte 1990 im Brüsseler Anderlecht-Stadion, das nach Sammer-Toren sensationell mit 2:0 gewonnen werden konnte. Der Autor spart nichts aus. Verärgert schreibt er über die West-Flucht von Trainer Jörg Berger, als dieser mit der DDR-Nachwuchsauswahl 1979 in Jugoslawien weilte: »Nach der Wiedervereinigung machte er weitere Schlagzeilen, indem er Trainerkollegen wie Hans Meyer, Bernd Stange oder Eduard Geyer übel beschimpfte und verdächtigte.« Klein ruft Manipulationen von DDR-Schiedsrichtern in Punkt- und Pokalspielen in Erinnerung, berichtet über Rangeleien in der Führungsspitze des Deutschen Fußball-Verbandes der DDR, liefert seine interne Sicht auf den Rachefeldzug des MfS-Ministers Erich Mielke 1981 nach der Westflucht-Affäre um die Spieler Gerd Weber, Peter Kotte und Matthias Müller. Und er hat auch den Abstieg der Dresdner Dynamo-Mannschaft in die Niederungen des Fußballs nach der Wende miterlebt, empört sich über den Rausschmiss des Trainergespanns Reinhard Häfner und Hartmut Schade nach der Qualifikation Dynamos für die 1. Bundesliga durch deren umstrittenen Präsidenten Ziegenbalg und seinen »sportlichen Berater« Jakubowski. Über den »Westimport« Schulte schreibt er: »Er spielte sich wie ein Missionar auf, der den heidnischen Ostfußballern die Religion Fußball vermitteln müsse.« Dr. Wolfgang Klein, der noch heute als Orthopäde in Dresden praktiziert, resümiert: »Wir hatten alle unsere ehrlichen Ideale, hoffnungsvoll konnten wir in die Zukunft blicken. Wir hatten ein harmonisches Umfeld, waren Freunde, konnten uns immer in die Augen sehen. Wenn wir zurückblicken, stellen wir fest: Das riesige Potenzial haben wir nicht ausge...

Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.