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Polen neigen zum Nein

Präsidentensorgen vor Referendum im Herbst

  • Julian Bartosz, Wroclaw
  • Lesedauer: 2 Min.
Polens Staatsoberhaupt Aleksander Kwasniewski hat in dieser Woche EU-Verfassungsbefürworter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien zu einer »Reflexionsstunde« gerufen, um das Vorgehen nach dem Nein der Franzosen und Holländer zu erörtern.
Die Runde - alle gehören zum »Politischen Salon« des Präsidentenpalastes in der Krakowskie Przedmiescie - überzeugte sich gegenseitig, dass man gerade jetzt zeigen müsse: »Wir sind doch wer in Europa«. Man dürfe auch nach dem französischen Desaster nicht verzagen, darum komme es darauf an, das Volk zu überzeugen, die für Polen vorteilhafte Verfassung in einem Referendum zu bestätigen. Außenminister Adam Rotfeld sagte nach der Runde, Position und Rolle Polens in Europa hingen davon ab, ob man durch die Annahme des Traktats die EU-Integration vertiefen wolle oder nicht. In der jüngsten Ausgabe von »Polityka« griff Präsident Kwasniewski persönlich zur Feder. Seiner Meinung nach sollten die Nein-Sager im Jahr 2006 noch einmal zur Urne gerufen werden - oder die Verfassung sei tot. In Europa werde nun genau auf Polen geschaut, »wie wir uns verhalten und ob wir uns für Europa verantwortlich fühlen«. Sozialpolitische Rücksichten, wie sie sich in Frankreich gezeigt haben, dürften kein Hindernis für die weitere Integration sein, so seine Botschaft. »Der Streit darüber, ob Europa sozial oder effektiv sein soll«, führe in eine Sackgasse. Der Präsident schlug vor, das Referendum mit der ersten Runde der Präsidentenwahl im Oktober zu verbinden. Damit könnte die notwendige Beteiligung - 50 Prozent - leichter gesichert werden. Am selben Tag veröffentlichte »Gazeta Wyborcza« die Ergebnisse einer Umfrage des PBS-Instituts, die den Kommentator der Zeitung veranlasste, von einer »dramatischen Abnahme der Bereitschaft« zu schreiben, »für die Verfassung zu stimmen«. Wollten Ende Mai noch 65 Prozent der potenziellen Urnengänger Ja sagen, sind es jetzt nur noch 40 Prozent. In derselben Ausgabe fordert Jerzy Krakowski von der Schlesischen Universität in Katowice, dass die EU-Verfassung im Sinne eines sozialen Europas neu geschrieben werden müsse. Auch die katholische Wochenzeitung »Tygodnik Powszechny« äußerte sich skeptisch über den Ratifizierungsprozess in Polen. »Ruhe in Frieden«, schrieb ein Leser dazu auf der Website des Blattes.
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