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Mit Glücksspiel hat der Staat kein Glück

Finanzminister will Spielbanken schließen Sachsen Von Marcel Braumann, Dresden

  • Lesedauer: 3 Min.

Sozis und Croupiers schreiten Seit an Seit' zur Rettung des staatlich organisierten Glücksspiels, und dazwischen sitzt noch ein Gewerkschaftsfunktionär - Sachsens Finanzminister Georg Milbradt (CDU) hat ein bemerkenswertes Bündnis gegen sich aufgebracht.

Eine Spielbank, die Verluste macht das sei neu in der deutschen Spielbankenlandschaft, stellte Thomas Jurk fest, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Milbradt will die Casinos in Leipzig und Dresden dicht machen, für morgen hat Hans Wondracek, Sekretär der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherung (HBV) einen Protest vor dem Dresdner Finanzministerium angekündigt. Schließlich geht es auch um 120 Arbeitsplätze. Milbradt keilt dagegen zurück, der Betriebsrat blockiere aus fadenscheinigen Gründen notwendige Kontrollen, zwei Leipziger Spielbank-Mitarbeiter und ein Gast müssen sich derzeit wegen des Vorwurfs gemeinsamer »veruntreuender Unterschlagung« vor Gericht verantworten.

Torsten Junghans, Betriebsrat aus Leipzig, wies dies als »falsche Beschuldigung« zurück, eine Vereinbarung zur Video-Überwachung sei schon lange unterschriftsreif gewesen. Die Spielbanker haben bereits einen Verzicht auf zehn Prozent ihres Einkommens angeboten, die Geschäftsführung, der vom Betriebsrat Unfähigkeit vorgehalten wird, verlangte dagegen ein Gehaltsminus von über 40 Prozent.

Für Milbradt ist die Sache klar- Das Geschäft mit dem sogenannten klassischen Spiel rechnet sich derzeit nicht. Jedenfalls nicht für die Landeskasse. 80

Prozent der Bruttospielergebnisse werden an den Staat abgeführt, von dieser Summe fließen 95 Prozent in den Länderfmanzausgleich, fünf Prozent kassiert der Freistaat direkt. Letzteres reicht im Augenblick nicht, um die Kosten zu dekken. Diese Rechnung sei jedoch unvollständig, meint Gewerkschafter Wondracek, da Sachsen zu den größten Nutznie-ßern des Länderfinanzausgleichs gehöre. Wie auch immer, im laufenden Jahr sanken die Spielbank-Einnahmen um zwei Millionen Mark bzw 20 Prozent, während die Ausgaben in die Höhe schnellten, zum Beispiel wegen Aufwendungen für rechtlich unzulässige Kündigungen.

Die Sächsische Spielbanken GmbH wurde 1993 auch zur Eindämmung des illegalen Glücksspiels ins Leben gerufen. Für den Fall ihres Ablebens haben Croupiers bereits Angebote privater Klubs erhalten. Statt Schließung setzt die SPD auf Modernisierung der Spielbanken, deren Dresdner Niederlassung den Charme der 80er Jahre ausstrahle und selbst von Taxifahrern nicht mehr empfohlen werde, so Jurk. Das Problem der Spielbanken sei die Geschäftspolitik, kritisierte Wondracek, »das erste Konzept der Geschäftsführung war die Schließung.«

Und daß erst jetzt eine rückwirkende Senkung der Spielbankabgabe durch das Finanzministerium ins Spiel gebracht werde, verwundert die Sozialdemokraten. Denn als dieser Weg vorgeschlagen wurde, um die Sanierung zu befördern, wurde signalisiert, daß dies nicht möglich sei. Jetzt wirke die rechtlich fragwürdige Senkung als Entschuldung der Spielbanken zu Lasten der Steuerzahler Die SPD-Fraktion verlangt eine gründliche Untersuchung - so geht zumindest das parlamentarische Nachspiel zum mißglückten staatlichen Glücksspiel noch eine Weile weiter

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