Ein schlechtes Gesetz am Pranger

Mit einer Anhörung zu Hartz IV ging die PDS-Landtour in Mecklenburg-Vorpommern zu Ende

  • Jürgen Seidel, Rostock
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Mit einer öffentlichen Anhörung der Landtagsfraktion der PDS-Mecklenburg-Vorpommern ist am Montag in Rostock deren diesjährige Landtour zum Thema »Chancengleichheit in Arbeit und Bildung« zu Ende gegangen. Zur Debatte standen die Auswirkungen von Hartz IV. Die Ergebnisse bieten genügend Stoff für den bevorstehenden Bundestagswahlkampf.

In allen 18 Landkreisen und kreisfreien Städten des Landes waren die demokratischen Sozialisten diesmal unterwegs. Schon Ende 2004 war geplant worden, sich von Mai bis Juni 2005 besonders mit den ersten Auswirkungen der ab Beginn des Jahres 2005 geltenden Regelungen zu Hartz IV zu befassen. Und schon damals war geplant, externen Sachverstand in eine erste umfangreiche Analyse der sozialen Situation einzubeziehen. Fragen gingen bei der Anhörung an Experten von der Bundesagentur für Arbeit, an die Gewerkschaften, den Landesfrauenrat sowie den Erwerbslosenbeirat und den Mieterbund. Markus Biercher von der Bundesagentur für Arbeit listete die aus seiner Sicht ersten positiven Ergebnisse von Hartz IV auf. So sei der »Betreuungsschlüssel« für Langzeitarbeitslose - und da speziell für Jugendliche unter 25 Jahre - gesenkt worden. Für jeweils 69 junge Leute sei jetzt ein persönlicher »Fallmanager« zuständig. Auch wenn bei einem Verhältnis von ansonsten 1:183 noch Handlungsbedarf bestehe, habe sich die Betreuungsrelation für alle Bezieher von Arbeitslosengeld II deutlich verbessert. Das werde sich auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar machen. Erste Erfolge gebe es bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. So hätten seit Jahresbeginn rund 6700 Jugendliche, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, Angebote der neu gebildeten Arbeitsgemeinschaften der Arbeitsagenturen und der jeweiligen kommunalen Partner genutzt - rein rechnerisch mehr als die Hälfte der rund 12000 langzeitarbeitslosen Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern. Biercher fügte allerdings hinzu, dass mit Hartz IV keine Arbeitsplätze geschaffen würden. Dieser größtenteils positiven Sicht auf die aktuelle Situation widersprach Thomas Fröde für den DGB Nord. Hartz IV bringe keine besseren Eingliederungsmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose. Die Empfänger von Arbeitslosengeld II hätten das Opfer bringen müssen, ihr Einkommen auf Sozialhilfeniveau zu senken. Die Gegenleistung - eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung - sei jedoch weitestgehend ausgeblieben. Die größten Defizite gebe es bei den arbeitslosen Jugendlichen unter 25. Nach Beobachtungen des Erwerbslosenbeirates Mecklenburg-Vorpommern habe sich durch das Zusammenlegen von Arbeitslosen- und Sozialhilfe für einen Großteil der Erwerbslosen das Familieneinkommen verringert. Die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben werde mehr und mehr eingeschränkt. Für den Landesfrauenrat kritisierte Claudia Kajatin, dass Hartz IV in den »Bedarfsgemeinschaften« die ökonomische Abhängigkeit von Frauen von den oft besser verdienenden Partnern verstärke. Wegen der vollen Anrechnung des Kindergeldes auf das Einkommen der Eltern seien zudem Kinder und Jugendliche oft Mitbetroffene. Jürgen Fischer (Mieterbund) machte darauf aufmerksam, dass die Diskussion über die angebliche »Unangemessenheit« von Unterkunftskosten oft sehr pauschal, schematisch und ohne individuelle Prüfung geführt werde. Die PDS sieht sich durch die Expertenanhörung in ihrer Kritik an Hartz IV bestätigt. Man werde auch künftig mit einer Art Doppelstrategie reagieren, erklärte die Fraktionsvorsitzende im Schweriner Landtag, Angelika Gramkow. Sie halte dieses Gesetz für falsch und besonders für Ostdeutschland ungeeignet. Dennoch müsse man für Nachbesserungen kämpfen und für die Betroffenen zumindest das an Verbesserungen herausholen, was mit Hartz IV möglich sei. Für die nächste Landtagssitzung hat die PDS-Fraktion eine »Aktuelle Stunde« zur so...

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