Der Kirchenkreis hat fair gehandelt

Seit 1998 gibt es den Eine-Welt-Laden der Heilig-Kreuz-Gemeinde in Falkensee

  • Kerstin Petrat
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.
Dass Entwicklungshilfe im Kleinen funktionieren kann, beweist der Eine-Welt-Laden in Falkensee. Im Frühjahr 1998 war es, als sich die Frauen des Kirchenkreises der Heilig-Geist-Gemeinde trafen, um dem Mitarbeiter eines Potsdamer Eine-Welt-Ladens zuzuhören. Der Mann erzählte über fair gehandelten Kaffee, den er gleich zur Verkostung anbot. Damit traf er einen Nerv. Die Frauen besuchten das Geschäft in Potsdam und holten sich ein paar Tipps. Im Herbst legten sie in Falkensee los. Mit Kirchengeldern erwarben sie eine abschließbare Vitrine und Waren, die sie von den ersten Einnahmen abbezahlten. Zunächst verkauften die Frauen im Nachbarschaftszentrum »Jojo«, das in einer Wohnung untergebracht ist und unter anderem als Seniorentreff dient. Jeden Donnerstagnachmittag öffneten die ehrenamtlichen Verkäuferinnen die Vitrine und brachten fair gehandelten Kaffee und Tee unter die Leute. Manchmal sei etwas Energie frei und dann finde sich etwas zu tun, sagt Franziska Schweizer, Sekretärin der evangelischen Gemeinde und aktiv in dem Eine-Welt-Laden. Im Herbst 1999 zogen die Frauen zusammen mit dem Jugendtreff »Mikado« um in ein Ladenlokal auf der Spandauer Straße. Die in den frühen 90er Jahren eingerichtete Einkaufsmeile ist großzügig geplant, zu großzügig offenbar, denn viele Läden stehen leer. Deshalb müssen die Frauen der Heilig-Geist-Gemeinde dort nicht allzuviel Miete zahlen. Instrumente, Schals, Mobiles und Schmuck hängen im Raum ? mit der Zeit hat sich das Sortiment vergrößert. Auch bei Märkten und Festen bieten die Frauen fair gehandelte Produkte an. Bedingung ist: Auf dem Weg vom Hersteller zum Verbraucher dürften nur wenige Zwischenhändler die Ware in den Händen haben. Die Hersteller dürfen keine Kinder beschäftigen, müssen für ihre Arbeiter Sozialversicherungen abschließen und in der Landwirtschaft ökologisch sinnvoll arbeiten. Die Produkte sind zwar etwas teurer als im Supermarkt, aber dafür erhalten die Beschäftigten in der Dritten Welt einen gerechteren Lohn. Der Eine-Welt-Laden in Falkensee ist also ein bescheidener Beitrag, der ungerechten Verteilung der Reichtümer der Erde entgegenzuwirken. Fairer Handel war den Menschen in Falkensee anfangs fremd. Außerdem ist der Lebensstandard hier relativ niedrig, was den Verkauf der teureren Waren zusätzlich erschwerte, wie Schweizer berichtet. Bis jetzt machten die Frauen aber nie Verlust. Im Gegenteil ? vom Umsatz können sie seit dem Jahr 2002 sogar ein Waisenmädchen in Rumänien unterstützen. In dem Balkanstaat landen Waisenmädchen fast immer auf der Straße, wenn sie mit 18 Jahren das Heim verlassen müssen. Für solche jungen Frauen baute eine kleine deutsche Organisation eine Unterkunft und die Organisation bildet die Mädchen auch bis zu drei Jahre lang aus. Anschließend fand bis jetzt jedes der Mädchen eine Wohnung und eine Arbeit. Für eins dieser Waisenmädchen übernahm der Eine-Welt-Laden Falkensee die Patenschaft. Über die Motivation ihrer Mitstreiterinnen kann Schweizer nur spekulieren: »Sie wollen etwas Gutes tun für die, denen es schlecht geht.« Das Engagement beschränkt sich nicht nur auf das Verkaufen. Alle zwei Monate fahren die Frauen zum Großhandel in Berlin-Neukölln, um neue Waren heranzuschaffen. Ostern, Weihnachten oder wenn zwischendurch der Kaffee ausgeht, fahren sie auch öfter. Die Gewinnspanne ist minimal. Die Waren gehen fast zum Einkaufspreis über den Ladentisch. Schließlich ist das der Sinn fair gehandelter Produkte. Inzwischen gibt es Stammkunden, die in dem Geschäft Kaffee, Tee oder anderes holen. Die Laufkundschaft ist leider verloren gegangen. Im Dezember fand sich ein kommerzieller Mieter für das bisherige Ladenlokal und das Projekt musste in einen anderen Raum umziehen. Der liegt in der Einkaufspassage versteckt um die Ecke. Wer sonnabends seinen Wochenendeinkauf in der Kaufhalle tätigt, der kommt nic...

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