Motivationstraining für Hauptschüler

Ein Netzwerk soll jungen Menschen helfen, ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz zu verbessern

  • Andreas Heinz
  • Lesedauer: 3 Min.
Immer mehr Hauptschüler haben Probleme, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, weil die Jugendlichen oft schwammige Vorstellungen von ihrem Berufswunsch haben. Sie müssen lernen, ihre Fähigkeiten und ihre Schwächen zu erkennen, stellte die Handwerkskammer fest. Dabei wurden nach Auskunft von Kammerpräsident Stephan Schwarz zwei extreme Einstellungen registriert: Einerseits überschätzten sich Hauptschüler, auf der anderen Seite trauten sie sich nichts zu. Das »Berliner Netzwerk Hauptschulen« will den jungen Menschen beim Einstieg ins Berufsleben helfen und sie motivieren, einen Schulabschluss zu machen. »Wir möchten mit den Schülern passende und realisierbare Berufswünsche entwickeln«, erklärte Schwarz gestern das Ziel des im Dezember 2004 gestarteten Projektes. Zu dem Netzwerk gehören bis jetzt 11 der 60 Hauptschulen, 20 Unternehmen, die Arbeitsagentur Berlin-Brandenburg sowie weitere Berufsberatungsstellen. 116 Mädchen und Jungen der zehnten Klassen nahmen an der Berufsberatung in der Schule teil. »Fünfzehn von ihnen haben inzwischen einen Ausbildungsvertrag«, freute sich Bildungssenator Klaus Böger (SPD). Mit Beginn des Schuljahres 2005/06 werden sich dem Netzwerk nach Angaben des Senators 20 Schulen angeschlossen haben, rund 300 Schüler sollen an dem Motivationstraining teilnehmen. »Viele Hauptschüler haben eine denkbar schlechte Ausgangsposition«, machte Böger klar. Zu den Gründen gehörten Misserfolge an der bisherigen Schule, geringes Bildungsbewusstsein und dadurch schlechte Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt. Den Schülern müsse klar gemacht werden, dass sie ohne Abschluss so gut wie chancenlos seien, wenn es um einen Ausbildungsplatz gehe. Jeder vierte Hauptschüler habe keinen Schulabschluss. Diese Zahl solle bis 2010 um die Hälfte gesenkt werden. »Die jungen Leute müssen motiviert werden, die Schule als wichtigen Teil für ihre berufliche Zukunft anzunehmen«, betonte der Bildungssenator. Die Unternehmen ? darunter AEG, die Wasserbetriebe, BewagVattenfall, BSR, BVG, BMW, Daimler-Chrysler, Ikea, Kaiser?s Tengelmann AG, Metro und Rossmann ? bieten Praktikumsplätze, Informationsgespräche und Einstellungstests zu Übungszwecken an. »Die Unternehmen kommen in die Hauptschulen«, so Handwerkskammerpräsident Schwarz. Dabei würden mit den Schülerinnen und Schülern auch Bewerbungssituationen durchgespielt. »Die Schüler sollen einen für sie passenden und auch erreichbaren Berufwunsch entwickeln«, erklärte Böger dazu. Die Arbeitswelt müsse stärker in die Schule integriert werden, Betriebe könnten die an einer Ausbildung interessierten Schüler besser kennenlernen. Gökhan Sönmez und Christopher Ruhdorf haben inzwischen einen Ausbildungsplatz sicher. Der 18-Jährige Gökhan im Bezirksamt Reinickendorf, der ein Jahr jüngere Christopher will Mechaniker werden. »Ich muss zwar schon am 1. Juli anfangen und habe so nur eine Woche Ferien, aber wenigstens habe ich eine Lehrstelle«, strahlte er. Bevor der 17-Jährige in das Projekt kam, hatte er schon 30 Bewerbungen geschrieben. Und Gökhan Sönmez wollte nach der 50. Bewerbung aufgeben: »Ich habe nicht mehr daran geglaubt, einen Ausbildungsplatz zu bekommen.«

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