Schmach oder Gedenktafel

Oberliga: Brisantes Derby zwischen 1. FC Union und BFC Dynamo

  • Matthias Koch
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.
Es ist kein Spiel wie jedes andere. Am Sonntag werden längst verstaubte Erinnerungen wach, wenn der 1. FC Union Berlin und der BFC Dynamo (14 Uhr) nach fünf Jahren Pause wieder mal in einem Punktspiel aufeinander treffen. Mindestens 10000 Zuschauer dürften die Alte Försterei bevölkern. Hinzu kommen rund 1500 Polizisten, Ordner und zivile Beamte. Obwohl beide Vereine nur noch viertklassig sind, hat das heißeste Duell des Ostens keinerlei Brisanz verloren. Der Hass zwischen den Fangruppen hat sich über Generatonen vererbt. Die Dauerfehde ist historisch bedingt. Zu DDR-Zeiten musste Union seine besten Talente zum BFC »delegieren«. Während Dynamo unter der Obhut des Innenministeriums mit zehn Titeln zum DDR-Rekord-Meister avancierte, führte Union ein Schattendasein als Fahrstuhlmannschaft zwischen DDR-Oberliga- und -Liga. Erst mit der Wende, als die politischen Privilegien des BFC entfielen, kam Union mit dem Erzrivalen auf Augenhöhe. Im neuen Jahrtausend schien Union als Zweitligist den infolge eines Insolvenzverfahrens bis in die fünfte Liga abgestürzten BFC für alle Zeiten los zu sein. Doch die Rückkehr des BFC in die Oberliga und der zweimalige Abstieg der »Eisernen« machten eine Neuauflage des Stadtduells möglich. Die Freude auf diese Partie, die zwischen 1976 und 1991 im mittlerweile abgerissenen Stadion der Weltjugend stattfand, hält sich bei der Polizei in Grenzen. »Es gibt Ankündigungen aus der Szene, dass Zuschauer auf Gewalttaten und Randale aus sind. Gerade Hooligans des BFC wollen anscheinend offene Rechnungen begleichen«, sagt Professor Michael Knape. Der Leiter der zuständigen Berliner Polizeidirektion schaut mit Besorgnis auf das BFC-Fanturnier, dass zu Ehren des am 3. November 1990 in Leipzig von der Polizei erschossenen Anhängers Mike Polley durchgeführt wird. Knape: »Dort ist ein Großteil der gewaltbereiten Szene versammelt. Ich nehme an, dass einige "Fans" am darauf folgenden Tag die Polizei im Vorfeld der WM 2006 austesten wollen.« Mannschaft, Präsidium und Wirtschaftsrat des BFC haben alle Fans und Freunde des Klubs aufgerufen, den Verein würdig zu vertreten. Vorsichtsmaßnahmen ergriff ebenso die Polizei, die sieben Platzverbote verhängte und Schreiben an potenzielle Gewalttäter (siehe Kasten rechts) verfasste. Im Stadion selbst wird es um den Gästeblock eine große Pufferzone geben. In sportlicher Hinsicht ist Union trotz des längerfristigen Ausfalls von Stürmer Daniel Teixeira (Kreuzbandüberdehnung) Favorit. Das 2:1 gegen den Berliner AK und das 1:1 bei Tennis Borussia zeigten jedoch, dass der Meisterschaftsanwärter nicht unverwundbar ist. Dynamo will nach den beiden 1:2-Auftaktniederlagen gegen Ye- silyurt und Ludwigsfelde nicht den Anschluss ans Mittelfeld verlieren. Die Schmach einer Derby-Niederlage könnte den Posten von BFC-Coach Jürgen Piepenburg schon wackeln lassen. Immerhin: Für den Fall eines Sieges soll Piepenburg eine Gedenktafel im Sportfor...

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