Heiße Debatte um Ringofen-Erfinder

Schüler sorgten sich, weil Oberstufenzentrum jetzt »Georg Mendheim« heißt

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 2 Min.
Vier Jahre verbrachte Torsten Rack am Oberstufenzentrum (OSZ) in Oranienburg. Hier besuchte der Friseur die Berufsschule und hier bekam er am 22. Juni noch sein Fachabitur-Zeugnis. Was an seiner alten Schule passiert, interessiert den 28-Jährigen. Jetzt erhielt das OSZ den Namen Georg Mendheim. Offiziell ist der Name schon am Donnerstag am Hauptsitz des Oberstufenzentrums in Zehdenick verliehen worden. Am Freitag gab es noch einen Festakt in der Oranienburger Zweigstelle. Wer war Georg Mendheim?, fragte sich Rack. Im Internet finden sich nur dürre Informationen über den Erfinder des mit Gas betriebenen Ringofens. In diversen Nachschlagewerken ist der Mann nicht verzeichnet. Dass er oder seine Familie vielleicht Dreck am Stecken hatten, in der Nazizeit womöglich Zwangsarbeiter ausbeuteten, fürchtete Rack, und mit ihm sorgte sich eine kleine Gruppe »Schüler gegen Faschismus«. Allerdings taucht in der von ND 1999 veröffentlichten umfangreichen Liste mit Unternehmen, in denen Zwangsarbeiter schuften mussten, eine Firma Mendheim nicht auf. Es sieht sehr danach aus, als sei die Namensgebung völlig in Ordnung. Jürgen Mendheim habe sich am Freitag mit zwei Schülern unterhalten und die seien zufrieden gewesen mit dem, was der Urenkel des Erfinders ihnen erzählte, berichtete Schulleiterin Helga Riedel. Ihr zufolge wurde Georg Mendheim (1836-1903) in Frankfurt (Oder) geboren. Er eröffnete sein erstes Konstruktionsbüro in Berlin. Seine Firma habe niemals produziert. Also seien auch nie Zwangsarbeiter eingesetzt gewesen. Georg Mendheim forschte an dem Ofen in der Mildenberger Ziegelei nördlich von Zehdenick, die heute als Freilichtmuseum zu besichtigen ist. Er hat den Ofen technisch verbessert. Mendheims Ringofentyp wird heute in ärmeren Ländern genutzt. Für die Entleerung benötigt man einiges Personal. Wegen der Lohnkosten rechnet sich Mendheims Ofen in Industrienationen nicht. Vom geringen Energieverbrauch her reiche jedoch bis heute nichts an die Entwicklung seines Urgroßvaters heran, schwärmt Jürgen Mendheim.

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