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Gebrauchtwagen: Altersübliche Verschleißerscheinung contra Sachmangel
Fast sieben Millionen Mal wechseln Gebrauchtwagen den Besitzer. Wer einen Gebrauchtwagen kaufen oder verkaufen möchte, sollte sich in einer Bibliothek das im Frühjahr erschienene Gebrauchtwagen-Sonderheft von »auto motor und sport« besorgen. Es informiert über die Stärken und Schwächen der populärsten Modelle von Audi A2 bis VW Sharan. Es nennt die häufigsten Mängel und empfehlenswertesten Motorisierungsvarianten und gibt einen Überblick über die jeweilige Modell-Historie. Ebenso enthält der Ratgeber der den DEKRA Mängelreport. Darin werden auf Basis von mehr als sieben Millionen Hauptuntersuchungen die Qualität und Zuverlässigkeit von 125 Fahrzeugtypen im kritischen Vergleich dargestellt. Aber bei aller Kompetenz kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen vor dem Kadi, weil sich manch ein Autokäufer oder Autoverkäufer über den Tisch gezogen fühlt. Im Folgenden ein kleiner Überblick über die aktuelle Rechtsprechung.
»Scheckheftgepflegt«
bietet keine Garantie
Wer bei einem Autoverkauf unter Privatleuten den Wagen als »scheckheftgepflegt« anpreist, übernimmt in der Regel keine Garantie dafür, dass auch alle anstehenden Arbeiten ordnungsgemäß ausgeführt worden sind. Dies hat das Landgericht Saarbrücken in einem Urteil entschieden, das die Verkehrsrechts-Anwälte veröffentlicht haben.
In dem zu Grunde liegenden Fall ging es um einen Gebrauchtwagen, der wenige Wochen nach dem Verkauf einen schweren Motorschaden hatte. Dem Wartungsnachweis zufolge waren bei der 30000-Kilometer-Inspektion nicht, wie vorgeschrieben, die Zündkerzen gewechselt worden. Dies sei aber ganze zwei Wochen vor dem Wartungstermin geschehen, behauptete der Beklagte. Die Klägerin indes verlangte die Rückgängigmachung des Vertrags und berief sich auf die nicht zutreffende Beschaffenheitsgarantie »scheckheftgepflegt«.
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, im Normalfall wolle ein privater Verkäufer lediglich die Gewähr dafür übernehmen, dass das Fahrzeug in regelmäßigen Abständen in die Inspektion gegeben wurde. Dafür, dass alle vom Hersteller vorgegebenen und für die Garantie entscheidenden Arbeiten auch vollständig und richtig ausgeführt bzw. dokumentiert worden sind, wolle der Verkäufer mangels entsprechender Kenntnisse gerade nicht eintreten. Weil beide Vertragsparteien ansonsten die Gewährleistung ausgeschlossen hatten, wurde die Klage abgewiesen. (Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 20. April 2005, Aktenzeichen: 12 O 132/04)
Welches Baujahr,
welcher Tachostand
Aber auch bei einem Händler bekommt man für wenig Geld keinen Neuwagen. Für knapp 5000 Euro kaufte ein Mann einen gebrauchten Mercedes, der zehn Jahre alt war und über 150000 Kilometer auf dem Tacho hatte. TÜV und ASU waren gemacht. Zwei Monate nach dem Kauf stellte eine Werkstatt fest, dass der Katalysator defekt war und ausgetauscht werden musste. Vergeblich forderte der Käufer vom Verkäufer, er müsse die Kosten des Austauschs übernehmen, weil er ihm einen mangelhaften Wagen verkauft habe. Auch die Zahlungsklage des Käufers scheiterte beim Amtsgericht Offenbach. Bei einem Gebrauchtwagen gelte nicht jeder Defekt als Mangel, der bei einem Neuwagen als Sachmangel eingestuft würde, erläuterte der Amtsrichter. Bei gebrauchten Autos müsse der Käufer immer mit Verschleißerscheinungen rechnen. Doch wie seien Mängel und Verschleißerscheinungen voneinander abzugrenzen? Hier komme es darauf an, welcher Wagen mit welchem Baujahr und Kilometerstand zu welchem Preis verkauft worden sei. Denn: Je höher der Preis, desto mehr dürfe natürlich der Käufer erwarten. Im konkreten Fall sei der Mercedes nicht sehr teuer gewesen und habe bereits 150 000 Kilometer auf dem Buckel. Bei diesem Kilometerstand müsse man erfahrungsgemäß auch mit dem Ableben eines Katalysators rechnen. Manche gäben schon nach 100000 Kilometern ihren Geist auf. Deshalb sei hier von üblichem Verschleiß auszugehen. (Urteil des Amtsgerichts Offenbach vom 27. September 2004 - 38 C 276/04)
Und wer glaubt, der Verkäufer müsse auf jede Delle an der alten Hutsche hinweisen, irrt sich auch - wie der folgende Fall zeigt: Der Münchner war extra mit dem Sohn nach Niederbayern gefahren, um sich den gebrauchten Audi anzuschauen. Der Bauer, der den Wagen verkaufen wollte, hatte ihn gerade frisch gewaschen. Leider regnete es, aber so viel glaubte der Münchner zu sehen: Der Wagen war gut in Schuss. Lediglich etwas Rost an der Motorhaube und eine kleine Delle an der linken Seite zeigte ihm der Landwirt. Zu Hause im Trockenen entdeckte der Mann, dass die Metallic-Lackierung auf der gesamten Fläche fleckig war, als hätte man den Wagen mit Säure geputzt. Er war überzeugt, dass ihm der Bauer das Auto absichtlich nass vorgeführt hatte, um den ruinierten Lack zu kaschieren. Also fuhr er gleich wieder gen Niederbayern. Doch der Verkäufer zuckte nur mit den Schultern und verwies auf den Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag. Da zog der Münchner vor Gericht, um das Geschäft rückgängig zu machen. Außerdem zeigte er den Bauern wegen Betrugs an.
Auf sichtbare Mängel an einem zehn Jahre alten Auto muss der private Verkäufer nicht extra hinweisen, entschied das Landgericht MünchenI. Das habe nichts mit arglistigem Verschweigen von Fehlern zu tun, auch wenn die Mängel bei Nässe nicht gut zu sehen seien. Der Wagen habe bereits 130000 Kilometer auf dem Buckel, da müsse ein Käufer schon mit Schäden in der Lackschicht rechnen. Außerdem habe er das Fahrzeug in aller Ruhe im Freien besichtigen können. Daher bleibe der Kaufvertrag bestehen. Eine Betrugsabsicht sei auszuschließen, Regen könne man schließlich nicht bestellen. (Urteil des Landgerichts München I vom 15. Dezember 2004 - 26 0 17856/04)
Verkauf im Auftrag
privater Verkäufer
Beim Gebrauchtwagenhändler kaufte ein Mann ein gebrauchtes Opel Astra Coupé für 14 990 Euro. Der Händler verkaufte das Auto im Auftrag des privaten Eigentümers. Im Kaufvertrag wurde ausdrücklich vermerkt: Verkäufer sei der bisherige Fahrzeugeigentümer, der für Mängel des Wagens nicht hafte. Schon bald zeigte der Käufer gegenüber dem Autohändler mehrere Mängel an, der jedoch Reparaturen ablehnte. Er habe das Geschäft nur vermittelt, hafte hier nicht als gewerblicher Verkäufer. Da zog der Mann vor Gericht. Der Händler wolle sich nur vor der Gewährleistung drücken, meinte er, in Wirklichkeit sei er der Verkäufer. Im Kaufvertrag stehe es anders, hielt ihm der Bundesgerichtshof entgegen. Der Käufer habe die Vertragsurkunde mit dem handschriftlichen Zusatz gelesen und unterschrieben. Allerdings sei die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass Unternehmer auf diese Weise den Verbraucherschutz aushöhlten. Das müsse man verhindern. Bei Geschäften im Kundenauftrag sei ausschlaggebend, wie Chancen und Risiken zwischen privatem Eigentümer und Fahrzeughändler verteilt seien. Trage der private Eigentümer das Risiko des Weiterverkaufs, sei er als Verkäufer anzusehen. Anders sei die Sache zu beurteilen, wenn der Händler beim Verkauf eines Neuwagens das alte Fahrzeug des Kunden in Zahlung nehme und ihm dafür einen bestimmten Mindestverkaufspreis garantiere. Dann liege das wirtschaftliche Risiko beim Händler, beim Weiterverkauf trete also der Händler als Verkäufer auf. (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. Januar 2005 - VIII ZR 175/04)
Keine Rücknahme
wegen einer Bagatelle
Überhaupt gilt: wegen einer Bagatelle kann man das Geschäft nicht gleich wieder rückgängig machen - wie jene Frau glaubte, die von einem Privatmann für 7500 Euro ein gebrauchtes Auto erstand. Als es regnete, lief durch eine undichte Stelle an der Türverkleidung Wasser ins Fahrzeug. Es kam zum Rechtsstreit vor dem Landgericht Kiel, das sich auf die Seite des Verkäufers stellte. Ein Rücktritt vom Kaufvertrag sei dann ausgeschlossen, wenn das Fahrzeug gut erkennbare Mängel aufweise, die ohne Schwierigkeiten behoben werden können. Die undichte Stelle sei in kurzer Zeit mit einem Kostenaufwand von 340 Euro zu beseitigen. Der Käuferin deswegen ein Recht auf Rücktritt zuzubilligen, wäre ungerecht. Sie könne vom Verkäufer allerdings Minderung des Kaufpreises verlangen. (Urteil des Landgerichts Kiel vom 3. November 2004 - 12 0 90/04)
Ähnlich erging es einem Mann, der ein Auto erstand, dessen Motor - ein Zweitmotor - komplett aus Neuteilen zusammengebaut war. Der Mann wollte den Kauf rückgängig machen. Das Oberlandesgericht München befragte einen Sachverständigen und entschied dann zu Gunsten des Verkäufers. Von einem Mangel könne keine Rede sein, wenn der aus Neuteilen bestehende Motor dem Originalmotor technisch völlig gleichwertig sei. Zwischen den Motoren bestehe keinerlei Qualitätsunterschied. Wenn faktisch kein technischer Minderwert vorliege, dürfe der Käufer das Fahrzeug auch nicht mit der Begründung zurückgeben, dass bei einem Wiederverkauf der Motor von bestimmten Käuferkreisen als minderwertig angesehen werden könnte. (Urteil des Oberlandesgerichts München vom 13. August 2003 - 3 U 2888/03)
Vorsicht vor
teuren Rückrufen
Nicht nur beim Kauf eines Gebrauchtwagens, sondern auch beim Verkauf eines Fahrzeuges sollte man vorsichtig sein. Ein Inserat in der Zeitung oder im Internet kann Abzocker locken. Der ADAC warnt vor Betrügern, die sich als potenzielle Käufer von inserierten Autos ausgeben und per E-Mail um Rückruf bitten. Dabei handelt es sich oft um teure Verbindungen. Sowohl beim ADAC als auch bei Autoscout24 meldeten sich mehrere Anbieter von Gebrauchtwagen, dass sie E-Mails aus Österreich bekommen haben, die auf eine Liechtensteiner Handynummer verweisen. Der Absender gibt vor, einer der führenden Fahrzeugimporteure in Österreich zu sein. Er sagt zu, den geforderten Kaufpreis zu zahlen und bittet um Anruf. Der Versuch, mit dem vermeintlichen Käufer per E-Mail in Kontakt zu treten, wird mit einer automatischen Rück-Mail beantwortet, die wiederum auf die Telefonnummer verweist. Ein Anruf kann aber einen hohen Minutenpreis im zweistelligen Bereich auslösen, falls eine Weiterleitung auf teure Nummern besteht. Die Gebühr wird auch schon fällig, wenn sich lediglich ein Anrufbeantworter meldet, da bereits eine kostenpflichtige Verbindung zu Stande gekommen ist. Der ADAC rät dazu, bei dubiosen Rückrufnummern vorsichtig zu sein und solche E-Mails am besten zu ignorieren. Ein seriöser Händler, der ein Auto kaufen möchte, verweist nicht nur auf eine Telefonnummer, sondern gibt zusätzliche Kontaktmöglichkeiten an. Vorsicht ist auch geboten, wenn per SMS um Rückruf gebeten wird. Auc...
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