Vom DRV erst geschnitten, dann gefeiert

RUDERN: Jutta Lau - »Welt-Trainerin des Jahres« / Potsdamerin als erste Frau vom Weltverband FISA mit dem Trainer-Titel geehrt

Meist stehen ihre rudernden Schützlinge im Blickpunkt. Kathrin Boron aus Potsdam etwa, mit drei Olympiasiegen und acht Weltmeistertiteln die erfolgreichste deutsche Ruderin aller Zeiten. Nunmehr aber erfuhr die Potsdamerin Jutta Lau als Trainerin verdientermaßen eine weltweite Ehrung. Der Ruder-Weltverband FISA zeichnete sie auf seinem Kongress in Bukarest mit dem Titel als »Welt-Trainerin des Jahres« aus. Zum ersten Male in der FISA-Geschichte wurde dieser Titel einer Frau zugesprochen. »Ich habe mich riesig darüber gefreut«, reagiert die 46-jährige Bundestrainerin gegenüber ND auf ihre Ehrung, »vor allem deshalb, weil nicht oberflächlich nach Mann oder Frau unterschieden wurde, sondern eindeutig Leistung anerkannt wurde. Denn die weiteren Bewerber waren ausschließlich Männer.« Was die Leistung anbetrifft, so kann Jutta Lau in diesem Jahr auf eine beispiellose Erfolgsserie als Trainerin verweisen: Alle vier von ihr betreuten Boote aus dem Skullbereich erkämpften in Luzern die Weltmeistertitel. Ihre Trainer-Bilanz ist ohnehin fast einmalig: Ihre Schützlinge brachten es auf insgesamt fünf Olympiasiege und 18 Weltmeistertitel! Sie war maßgeblich am Aufstieg in die Weltspitze solcher Ruderinnen wie Birgit Peter, Beate Schramm, Jana Sorgers, Kristina Mundt, Kerstin Förster, Martina Schröder, Kerstin Köppe, Kathrin Boron oder Karin Rutschow-Stomporowski beteiligt. Auf die scherzhafte Bemerkung, sie sei »die Jutta Müller des Rudersports« reagierte sie zurückhaltend: »Jutta Müller hat im Eiskunstlauf viel, viel mehr erreicht als ich im Rudern.« Mit Jutta Lau wurde übrigens zum zweiten Male durch die FISA jemand geehrt, der auch schon im DDR-Ruderverband erfolgreich als Trainer gearbeitet hat. Voriges Jahr war Jürgen Grobler für sein erfolgreiches Wirken in Großbritannien »Trainer des Jahres« geworden. Der nach der Wende arbeitslose Grobler war dorthin gewechselt, weil der Deutsche Ruderverband keine Verwendung für ihn sah... Jutta Lau war selbst eine exzellente und auch erfolgreiche Ruderin, die zwei Mal Olympiasiegerin (1976 und 1980) und drei Mal Weltmeisterin (1974, 1975 und 1979) jeweils im Doppelvierer werden konnte. Mit dem Trainer-Diplom in der Tasche, das sie an der DHfK in Leipzig erwarb (»und auf das ich stolz bin«), schlug sie 1981 die Trainer-Laufbahn ein und kümmerte sich im DDR-Ruderverband mit viel Erfolg um den Nachwuchs. So führte sie 1984 ein Team von 18- und 19-jährigen Mädchen im Doppelvierer zum WM-Titel. Kurz danach wurde sie zur Frauen-Verbandstrainerin berufen. Trotz aller Erfolge wäre es Jutta Lau nach der Wende fast genauso ergangen wie Jürgen Grobler. »1990 war mein bis dahin erfolgreichstes Jahr als Trainerin. Alle von mir bei der SG Dynamo Potsdam trainierten Frauen wurden Weltmeisterinnen: im Einer, im Doppelzweier und im Doppelvierer. Da dachte ich: Auch mein "Aufstieg" als Trainerin im künftigen gesamtdeutschen Verband geht so weiter. Doch es kam anders«, erinnert sie an ihre damals frustrierende Lage. »Ich hatte Mühe, überhaupt meinen Job zu behalten und musste nach endlosen Querelen mit dem DRV am Ende noch froh sein, wenigstens als Stützpunkttrainerin von Berlin-Potsdam arbeiten zu können.« Erst 1996 wurde die vom DRV fast sechs Jahre lang geschnittene Jutta Lau als Bundestrainerin für den Skullbereich der Frauen verantwortlich gemacht. »Dank auch der großen Unterstützung der Aktiven«, wie sie schmunzelnd ergänzt und was auch wie ein Seitenhieb klingt. »Für mich war der "Umstieg" nach der Wende auch nicht unproblematisch«, sagt sie, »weil ich als Trainerin erfahren musste, dass der Leistungssport nicht so großen Stellenwert besaß, wie ich das vom DDR-Sport her kannte. Zwar hat sich inzwischen manches eingespielt, aber nach wie vor ist es heute schwierig, unter den veränderten Bedingungen Frauen im Rudern in die Weltspitze zu führen. Die Aktiven haben weniger Zeit für das Training und müssen sich sehr viel mehr um ihre berufliche Ausbildung kümmern, weil der Arbeitgeber oft nicht das nötige Verständnis für Training und Wettkampf aufbringt. Kathrin Boron ist eine beneidenswerte Ausnahme durch die Rund-um-Unterstützung der Deutschen Bank 24.« Nach Sydney 2000, wo Jutta Lau ihren Trainer-Anteil am Olympia-Gold im Doppelzweier und Doppelvierer feiern konnte, hat sie nun einen Trainervertrag beim DRV bis Olympia 2004 in Athen. »Es wäre mein Traum«, sagt sie, »wenn ich mit Kathrin Boron gemeinsam und erfolgreich dieses Ziel angehen könnte.« Für die dann schon fast 35-jährige Top-Ruderin wäre es der vierte Olympia-Start, bei dem sie nach 1992, 1996 und 2000 die Chance hätte, erneut nach dem Gold zu ...

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