Mit Pfannkuchen in die Endrunde

Vom Fürstenwalder Quartier Rouge aus dirigiert Wahlkampfchef Stephan Wende am Freitagmorgen noch schnell Helfer des Bundestagskandidaten Lothar Bisky (Linkspartei. PDS). Wende telefoniert auf zwei Apparaten gleichzeitig und kämpft nebenbei noch mit einem Computerproblem. Die am Donnerstag um 17 Uhr gestartete 63-Stunden-Dauerkampagne in Biskys Wahlkreis 63 (Frankfurt/ Oder-Spree) soll mit Fotos und kurzen Texten im Internet dokumentiert werden. Aber zunächst spielt die Software nicht mit. Wende flucht. Hektisch geht es zu in dem Parteibüro an der Schloßstraße. Auf den Tischen stapeln sich Flugblätter, im Bücherregal liegt neben Werken von Marx und Engels die »Agenda sozial« - eingeklemmt zwischen den Dichtungen von Goethe und Schiller. Der Landtagsabgeordnete Stefan Sarrach stürzt aus der Tür und eilt zum Infostand am Einkaufszentrum »Fürstengalerie«. Wende springt auch auf. »Wir fahren jetzt nach Bad Saarow. Lothar ist auch gleich dort.« Im alten Bahnhof des Kurortes, wo derzeit eine Ausstellung über den Boxer Max Schmeling zu sehen ist, wartet Bürgermeisterin Gerlinde Stobrawa (Linkspartei. PDS). Sie und Bisky sprechen mit Rolf Lindemann, dem Leiter des Grundsicherungsamtes im Kreis Oder-Spree. Es geht um die umstrittenen 1-Euro-Jobs. Drei Männer und vier Frauen betreuen die Ausstellung auf dieser Basis. Eigentlich müssten sie nur von 8 bis 12 Uhr arbeiten, aber sie kommen auch nachmittags und an den Wochenenden, denn natürlich hat die Ausstellung auch dann geöffnet. Die sieben Langzeitarbeitslosen seien engagiert bei der Sache und hätten es verdient, nach Auslaufen des 1-Euro-Jobs eine richtige Anstellung zu bekommen, erzählt Stobrawa, doch leider fehle der Gemeinde das Geld dafür. Damit das nicht so bleibt, will sich Bisky im Bundestag für einen kommunalen Finanzausgleich einsetzen. Schon wieder im Auto, bedauert Bisky, dass »Kultur zum Luxus verkommt« und nicht anständig finanziert wird. Ab jetzt verteilt der Kandidat Pfannkuchen. Zuerst an das Personal im Krankenhaus von Bad Saarow. »Das finde ich aber nett«, meinen etliche Beschenkte. »Wer war das eigentlich«, fragt im Weggehen eine Schwester die andere. »Na der Bisky von der PDS.« Als der kleine Tross der Wahlkämpfer durch eine Tür nach draußen schlüpft, schauen drei männliche Patienten hinterher. »Ich kann ja wählen gehen. Ich bin Sonntag zu Hause«, freut sich einer. Was er ankreuzen will, verrät er nicht. Im Bürgeramt von Fürstenwalde möchte ein Mann wissen, warum die Linkspartei den Mord an der Berliner Türkin Hatun Sürücü nicht als faschistische Tat brandmarkt. Bisky entgegnet, es handele sich um ein grausames Verbrechen, aber eingedenk des in Auschwitz Geschehenen halte er sich bei Vergleichen mit dem Faschismus zurück. Das Verteilen der Pfannkuchen in der Stadtverwaltung unterbindet ein leitender Mitarbeiter. Im Treppenhaus raunt eine Angestellte unzufrieden: »Das war ja klar«. Großzügiger ist gegen Mittag Erkners SPD-Bürgermeister Jochen Kirsch. Er nimmt sich selbst einen Pfannkuchen und gönnt seinen Mitarbeitern einen ganzen Korb voll. Bisky machte schon viele Wahlkämpfe mit. Ob er dieses Mal den SPD-Mann Jörg Vogelsänger schlagen kann, wird sich erst am Sonntagabend erweisen. Immerhin ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen zu erwarten und dazu musste die Linkspartei in der Region im Vergleich zum Urnengang 2002 über 20 Prozent bei den Erststimmen aufholen, erinnert Bisky. Insgesamt liegt ihm daran, dass die Linkspartei in Fraktionsstärke in den Bundestag einzieht. Was den Wahlkreis 63 betrifft, so ist es Bisky wichtig, dass er alles versucht hat. »Ich werde mit einem ruhigen Gewissen schlafen.« Allerdings nicht sehr lange. Mehr als vier Stunden Nachtruhe gönnte sich Bisky zuletzt nicht mehr. »Mal sehen, wann ich heute ins Bett komme«, meint der Parteivorsitzende. Wenn der Chef schläft, bleiben Helfer vor Diskotheken aktiv. Anschließend hängen sie bis früh noch einmal 2500 Plakate. Bis Sonntag, 8...