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Leni R. will nur Filme drehen

Theater unterm Dach zeigt Charakterstudie über eine Besessene

  • Robert Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.
Was kann Theater erzählen über Leni Riefenstahl? Die Frau, die 101 Jahre alt wurde, spaltet bis heute die Meinungen - Faschistin, tolle Künstlerin, problematische Persönlichkeit. Regisseurin Anja Gronau geht die Sache so an, dass sie drei Lenis auf die Bühne im Theater unterm Dach bringt. Im Stück »LENI - Eine Riefenstahl-Subjektive« versuchen die Beteiligten, den Charakter der Frau zu erkunden. Das Riefenstahl-Bild, das dabei herauskommt, hat man irgendwie erwartet: Leni R. ist eine Besessene, eine Frau mit Tunnelblick, der einfach nicht wichtig ist, was um sie herum geschieht. Sie fühlt einen Auftrag in sich, der sie antreibt. Ein nicht wenig verbreitetes Bild, das man fast als eine Art PR-Masche auffassen könnte, weil es der Riefenstahl Asyl gibt in einer psychologischen Erklärung ihres Verhaltens. Es läuft alles auf die Aussage hinaus: Sie konnte halt nicht anders. Auf der Bühne bringen drei Frauen drei Sichtweisen auf Riefenstahl. Jede passt zum Typus der Schauspielerin und verkörpert zugleich eine Eigenschaft, die man gemeinhin Leni Riefenstahl zuschreibt. Die Frau mit dem eisernen Willen und der hohen Disziplin, die Fanatikerin mit Leidenschaft und die suchende Künstlerin. Diese drei prallen auf der Bühne zusammen, widersprechen sich, ziehen an einem Strang, fallen sich gegenseitig ins Wort und kramen in Erinnerungen. An weißen Wänden, die die Spielfläche begrenzen, hängen massenhaft Riefenstahl-Fotos (Bühne: Mechthild Feuerstein). Hin und wieder leuchten die Wände, machen die Fotos zu großen Negativen. Die Schauspielerinnen (Martina Schiesser, Claudia Wiedemer, Katrin Hylla) stecken in originellen Schneiderarbeiten (Kostüme Olaf Habelmann). Riefenstahls Geschichte wird durchstöbert, anhand der Biografie das Verhältnis Kunst und Politik diskutiert. Die Lenis machen sich gegenseitig Vorwürfe, blenden wichtige Teile der Biografie aus, sehen dann, das geht doch nicht und zeigen schließlich eine Riefenstahl, die im hohen Alter nicht sterben will. Der Tod klopft an, aber Leni R. hat keinen Nerv für solchen Unsinn, will sie doch gerade ein Museum über sich selbst einrichten. Zum Vorschein kommt auch eine Riefenstahl, die unter Vorwürfen und Anklagen leidet, gar wirr davon wird: »Sind jetzt die Fische, dich ich aufnehme, schon faschistisch, faschistische Fische?« 8.-10.10., 20 Uhr im Theater unterm Dach, Danziger Str. 101, Karten: 902 95 38 17
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