Das Geheimnis der Tante aus Amerika

Gerda Schrage kam zur Vorstellung von Knut Elstermanns Erinnerungsroman aus New York

Gerda Schrage steht im Mittelpunkt des Buches »Gerdas Geheimnis« von Knut Elstermann, das gerade im be.bra Verlag erschienen ist. Extra zur gestrigen Buchvorstellung im Roten Rathaus kam die 85-Jährige aus New York nach Berlin. Wegen ihrer jüdischen Herkunft wurde Gerda Schrage von den Nazis verfolgt. In den Kriegsjahren versteckte sie sich in Berlin zeitweise bei Freunden. Sie wurde nach Auschwitz deportiert, wo sie ein Baby zur Welt brachte, das nur kurze Zeit überlebte. 1947 wanderte Gerda Schrage über Schweden in die USA aus. »Das interessiert doch niemanden mehr«, reagierte sie, als Elstermann ihr von seinem Anliegen erzählte, ihre Geschichte aufschreiben zu wollen. Für so etwas finde er keinen Verleger, versuchte sie, ihm das Projekt auszureden. Nun sitzen beide gemeinsam vor blitzenden Kameras und einem Raum voller Reporter. Gerda Schrage ist eine eher schüchterne Frau. Nur ganz selten erhebt sie das Wort. Trotz all der Leiden habe sie den Glauben an die Menschheit nicht verloren, sagt sie. Nach anfänglichen Zweifeln ist sie stolz auf das Buch. In »Gerdas Geheimnis« spricht sie zum ersten Mal über ihre Erlebnisse. Auf die Frage, ob es sie erleichtert habe, ihr Geheimnis zu erzählen, antwortet sie: »Erst, wenn mein Sohn es weiß«. Mit ihm verbindet sie eine schwierige Beziehung. Bis heute weiß er keine Einzelheiten über das erste Kind seiner Mutter. Auch Knut Elstermann wollte sie zunächst nicht ihre ganze Geschichte erzählen. Sie sei es ihm aber schuldig gewesen, begründet sie ihre Entscheidung. Knut Elstermann kennt die New Yorkerin seit seiner Kindheit. Der 1960 Geborene fand es aufregend, wenn die »Tante«, wie er sie nannte, aus dem fernen Amerika wie von einem anderen Planeten zu Besuch nach Ostberlin kam. Sie verband eine enge Freundschaft mit seiner Großmutter und weiteren Familienmitgliedern. Aus den Erinnerungen seiner Großmutter, die sie gern in immer denselben Episoden zum Besten gab, konnte sich der junge Knut Elstermann ein Bild von der Vergangenheit der Familienmitglieder, der Zeit im Krieg, dem Naziterror machen. Auch über Gerda Schrages Schicksal erfuhr er einiges. Als seine Großmutter starb, wurde ihm bewusst, wie lückenhaft sein Wissen ist. Niemand in der Familie sei mehr da, den er über die Geschichte befragen könne. Das sei für ihn ein »persönliches Erwachen« gewesen, beschreibt er seine Motivation für das Buch. Die englische Übersetzung ist geplant. So...

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