Immer mehr Konten über Internet geplündert

Kripo-Kommissariat derzeit mit 250 Fällen befasst / Hintermänner sitzen im fernen Sankt Petersburg

Das so genannte Pishing, zu Deutsch das Passwort-Fischen beim Online-Banking, geht weiter um in der Stadt. Konnte man im vorigen Jahr noch die Zahl solcher Straftaten an einer Hand abzählen, wuchs sie im Mai auf 40 an. Derzeit ermittelt die Kripo in 250 solcher Fälle, wie Jochen Kunisch, Leiter des Kommissariats Computerkriminalität, dem ND sagte. Das betrügerische Prinzip läuft bei leichten Variationen stets auf das Gleiche hinaus: Über massenweise versendete Mails verlocken Betrüger den Bürger, sein privates Konto für geschäftliche Transaktionen zwischen deutschen und russischen Firmen bereitzustellen. Über die vollzogene Überweisung informiert eine Mail den Inhaber, der das Geld von seinem auf ein Konto in der Russischen Förderation transferiert. Dabei darf er bereits seine Provision abziehen, die zwischen fünf und gelegentlich auch zehn Prozent der transferierten Summe liegt. Zuvor hat man mit Trojaner-Software während eines Online-Banking-Vorganges TAN und PIN mitgelesen sowie den »Draht« zum Server gekappt. Der Trojaner signalisiert nun ein Problem, das eine Weile anhalten wird. In dieser Zeit wird Geld von dem »geknackten« Konto auf das des geworbenen Mittelsmannes überwiesen. In den meisten Fällen handelt es sich um 5000 bis 10 000 Euro. Manchmal narren die Betrüger den Bürger auch damit, dass sie ihn in einer Mail mit dem Logo einer Sparkasse oder Bank auffordern, TAN und PIN mitzuteilen, um die Kontensicherheit zu erhöhen. Eine solche Bitte würde allerdings nach übereinstimmenden Angaben - eben aus Sicherheitsgründen - kein Geldinstitut an seine Kunden richten. Die eigentlichen Täter, sagt Kunisch, befinden sich außerhalb des Landes. Die meisten Spuren führen ins ferne Sankt Petersburg, einige wenige auch woandershin, etwa nach London. Von den Haupttätern wurde bisher noch kein einziger aufgespürt. Das hat auch damit zu tun, dass die Zusammenarbeit mit Polizeien anderer Staaten, was die Computerkriminalität anbetrifft, überaus schwierig ist - sie steckt gewissermaßen noch in den Kinderschuhen, erläutert Kunisch. Bei den Mittelsmännern, die ihr privates Konto zur Verfügung stellen, sieht es ein wenig anders aus. Nach bisherigen Ermittlungen agieren sie teilweise auch in Berlin und Umgebung. So hat man hier etwa 80 solcher Mittäter aufgespürt. Nicht selten sind es Arbeitslose, die auf einen kleinen Nebenverdienst gehofft haben. Aber auch ein Bankangestellter war dabei, der geglaubt hatte, auf die leichte Art ans große Geld kommen zu können. Bei den Vernehmungen stellt sich laut Kunisch oftmals eine gewisse Unbedarftheit heraus, das Unrechtsbewusstsein ist meist nicht besonders ausgeprägt. Verurteilt wurde aus diesem Täterkreis bislang niemand - auch für die Gerichte ist dieses Kriminalitätsfeld neu. Auf Strippenzieher könnte allerdings, so sie denn irgendwann gefasst werden, eine Gefängnisstrafe bis zu fünf Jahren warten. Bei der Kripo glaubt man, dass die Computerkriminalität erst noch am Anfang steht und im Trend rasch anwachsen dürfte. Sicherheitssysteme und technische Möglichkeiten, dieselben zu knacken, befinden sich in einem permanenten Wettlauf. Dabei nutzen die Täter eine gewisse Leichtgläubigkeit aus - beim Bürger, der um sein Geld betrogen wird, wie auch beim Mittäter, der daran glaubt, in legaler oder noch legaler Weise zu handeln. Dabei ist es mit einem gewöhnlichen modernen Virenschutz im heimischen PC kaum no...

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