Die de Witts
Am 20. August 1672 erschlugen Angehörige der Amsterdamer Bürgergarde Johan und Cornelius de Witt, die sie eigentlich hatten schützen sollen. Sie stachen mit Piken und Degen auf die Brüder ein und schlugen sie mit Musketenkolben. Eine aufgeputschte Menschenmenge verstümmelte dann die Leichname und hängte sie am Galgen auf. Wer waren die Brüder, wie kam es zu dem Lynchmord?
Johan de Witt war Ratspensionär der Provinz Holland, sein Bruder unter anderem Mitglied der Admiralität und Altbürgermeister von Dortrecht. Im 17. Jahrhundert waren die sieben niederländischen Provinzen faktisch souverän und bildeten als »Republik der Vereinigten Niederlande« einen losen Staatenbund. Wichtigstes Organ des Gesamtstaates waren die »Generalstände« - die Versammlung der von den Provinzen entsandten ständischen Vertreter. Gleichwohl spielte die Provinz Holland im Gesamtsaat eine führende Rolle, und der holländische Ratspensionär war de facto eine Art Ministerpräsident. Zwischen Generalstaaten und Ratspensionär einerseits und den Statthaltern andererseits bestand traditionell eine Rivalität. 1650 hatte man in Holland das Amt des Statthalters abgeschafft. Seit 1653 war Johan de Witt, ein Exponent der städtischen Oberschicht, der leitende Staatsmann der Republik.
Die Niederlande waren zu dieser Zeit die führende See-, Handels- und Kolonialmacht der Erde, und in Europa waren sie auch politisch und militärisch eine Großmacht. Im Jahre 1672 drohten sie jedoch einer übermächtigen Koalition zu erliegen. England und Frankreich erklärten den Krieg, und die Truppen des »Sonnenkönigs« Ludwig XIV. drangen bis in die unmittelbare Nähe von Amsterdam vor. Jetzt suchte man angesichts der verzweifelten Lage nach Sündenböcken. Anhänger Wilhelms von Oranien, der gerade zum Statthalter von Holland berufen worden war, und calvinistische Geistliche begannen eine regelrechte Hetzkampagne gegen die Gebrüder de Witt. Cornelius wurde beschuldigt, die Ermordung Wilhelms von Oranien geplant zu haben. Am 24. Juli wurde er verhaftet. Vor Gericht stellte sich heraus, dass die Vorwürfe gegen ihn haltlos waren. Trotzdem enthoben ihn die eingeschüchterten Richter seiner Ämter und wiesen ihn aus Holland aus. Johan trat nun am 4. August als Ratspensionär zurück, doch die Kampagne ging weiter. Als Johan am 20. August seinen Bruder aus de...
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