Ein Lebensfilm

Im Kino: »InselLicht - Usedomer Bilder«

Wasser, Sandstrand, langer Steg - in einer großzügigen Bewegung tastet die Kamera die Küste Usedoms ab. Bereits die allererste Einstellung von »InselLicht - Usedomer Bilder« weist jenen ruhigen Atem auf, in dem der ganze Film gehalten ist. Ein Malerfilm sozusagen: Er erkundet das Schaffen zweier Malergenerationen. Die erste - im Film vertreten durch Rolf Werner, Otto Niemeyer-Holstein, Herbert Wegehaupt und Otto Manigk - übersiedelte nach 1945 in die einstigen Sommerresidenzen, weil die Ateliers in Berlin ausgebrannt und unbenutzbar waren. Diese Männer der ersten Stunde begründeten den Ruf von Usedom als Malerhort. Die nächste Generation - als Protagonisten Sabine Curio, Volker Köpp, Matthias Wegehaupt und Oskar Manigk - wuchs auf der Insel auf und gewissermaßen in die Ateliers hinein. Die vier Maler führen den Regisseur Heinz Brinkmann - ebenfalls ein Usedomer - durch die Kunst der Väter und Lehrer, über die Insel und in den eigenen künstlerischen Alltag. Mit Volker Köpp und Matthias Wegehaupt lässt man sich auf Schiffe als Träger der Sehnsucht ein. Mit Otto Manigk, der kein Inselmaler mehr sein will, erkundet man Leben und Gesellschaft. Sabine Curio schärft den Blick für Details am Wegesrand. Die Kamera zeigt auch immer wieder, wo die Künstler ihre Anregung herholen. Curios Stillleben überblendet Brinkmann etwa des Öfteren mit von der Kamera aufgenommenen Landschaftsansichten. Zuweilen wirkt das ein wenig belehrend; es scheint zu sagen: »Malerin, erwischt! Ich weiß, woher die Motive stammen.« Doch öfter noch entsteht ein eigentümlicher Reiz, wenn Farben und Licht der Leinwand mit der vom Sonnenlicht bestrichenen und vom Wind bewegten Szenerie verschmelzen - beeindruckende träumerische Bilder. »InselLicht« ist aber auch ein Inselfilm. Usedom wird in seinen Facetten gezeigt, nicht nur in Form der Bäder, der Strände, der Menschenmassen. Ein Mähdrescher zum Beispiel wälzt sich übers Feld. Eine Blaskapelle spielt. Vom FDGB-Feriendienst wird berichtet, von Booten, die man nicht haben durfte und mit denen man sich doch nach Schweden träumte. Und Peenemünde ist ein Thema, dieses seltsame Pendant zum Malerzentrum, in dem für wenige Jahre jene konzentriert waren, die vom Flug ins Weltall träumten und es nur schafften, Tod bringende Raketen zu bauen. Vor allem ist »InselLicht« jedoch ein Lebensfilm. Er fängt ein, wie der Strom des Lebens sich ausbreitet, sich kräuselt und manchmal aufwirft. Es ist ein Film, der dafür wirbt, jeder Sache ihre ureigene Zeit zu lassen, sich nicht zu hetzen, sondern das, was man tut, gut zu machen und Freude dabei zu empfinden. Keine überschwängliche, gewiss, wir befinden uns ja im Nordosten, wo oft der Wind tobt, der Sturm peitscht und die Gemütsbewegungen eingedickt sind. Doch es nimmt ein, wie die Maler über ihre Kunst sprechen, als eine wertvolle Beschäftigung, die sich selbst genug ist und - erst einmal - nicht auf einen Platz im Kunstmarkt oder in der Kunstgeschichte abhebt. »InselLicht« ist ein Film, mit dem man selbst zur Ruhe...

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